Ingolstadt
Von Automatisierung bis Energiewende

Beim "Zukunftsforum Mobilität" wurde die Forschung an der Fortbewegung von morgen beleuchtet

20.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:35 Uhr
Voll automatisiertes oder gar autonomes Fahren ist noch lange Zukunftsmusik. Aber Wissenschaft und Forschung arbeiten in vielen Bereichen an der Mobilität der Zukunft. −Foto: Balk, dpa

Ingolstadt - Wie sieht eigentlich die Mobilität der Zukunft aus?

Welche Hürden gilt es beispielsweise beim autonomen Fahren zu überwinden? Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in der Entwicklung? Und hat die E-Mobilität einen Effekt auf die Energiewende? Solche und andere Fragen wurden am Freitag beim "Zukunftsforum Mobilität" erörtert. Die Veranstaltung mit Vorträgen und humorigen wie schlagfertigen Slams von Forschern und Experten wurde vom Projekt "Mensch in Bewegung" der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) ausgerichtet - natürlich ganz corona-konform und digital.

Das Forum sollte aufzeigen, an welchen Fragestellungen in Bezug auf innovative Mobilität derzeit gearbeitet wird. Professor Hans-Joachim Hof von der THI etwa forscht an angewandter IT-Sicherheit - genauer gesagt in den Bereichen sichere Software, Netzwerksicherheit und Automotive Security. Was ist, wenn die zunehmend vernetzten und digitalen Autos Ziel von Hackern werden würden? Hof erklärte, wie komplex es ist, die Software im Fahrzeug sicher zu gestalten und zu entwickeln. Er und sein Team haben daher ein Tool erdacht, welches schon während der Entwicklung eventuelle Lücken in der Sicherheit aufdecken soll. "Heißt: Wir bauen ein System, das automatisiert Sicherheitsprobleme in anderen Systemen erkennen kann", sagte Hof. Man wolle damit die Autohersteller beim Testen unterstützen. Es gehe darum, realitätsnahe Simulationen für Angriffe zu haben, um in frühen Phasen der Software-Entwicklung Fehler zu beheben.

Moderiert wurde das Forum, für das sich mehr als 500 Fachleute und Interessierte angemeldet hatten, von Andreas Riener. Er ist ebenfalls THI-Professor und forscht im Bereich Mensch-Maschine-Interaktion. Riener umriss nach einer kurzen Begrüßung durch THI-Präsident Walter Schober und KU-Präsidentin Gabriele Gien den Stand und die Schwierigkeiten in der Weiterentwicklung des autonomen Fahrens - und zeigte einige Zahlen vor, die aufhorchen lassen. Standen 1923 noch 50000 Verkehrszeichen an unseren Straßen, waren es 2008 schon gut 23,5 Millionen. 1962 fuhren etwa 7,1 Millionen Fahrzeuge in Deutschland. Heute sind über 65 Millionen registriert. Und während 1962 im Schnitt nur 17 Schalter und Kontrolleinheiten in einem Cockpit zu finden waren, sind es heute mehr als 80 - wobei multifunktionale Regler wie Audis MMI oder iDrive bei BMW als ein Schalter gelten.

All das mache Autofahren heute kognitiv schwieriger. Der Mensch muss immer mehr erfassen und hat teils sogar im eigenen Auto viele Ablenkungen. Das zeigt: Assistenz-Systeme als erster Schritt hin zu automatisiertem Fahren haben Sinn. Das Problem dabei: Viele Assistenten funktionieren laut Riener nur in bestimmten Szenarien - und in anderen dann halt nicht. Er nannte etwa Probleme mit dem sogenannten Autopiloten von Tesla, die sogar schon zu heftigen Unfällen geführt haben. Und diese Umstände führten letztlich auch dazu, dass die Akzeptanz für das automatisierte Fahren leide - wobei man von einer "Vollautomatisierung ohnehin noch weit entfernt" sei, ergänzte Riener.

Eine Idee von künftiger Mobilität ist und bleibt das Sharing - also die gemeinsame Nutzung von Autos. In einem kurzweiligen Beitrag - einer von sogenannten Science Slams zwischen den Fachvorträgen - zeigten Martina Schuß und Philipp Wintersberger vom Testzentrum Carissma an der THI auf, wie das aussehen könnte. Möglich seien etwa automatisierte Wagen, in denen mehrere Menschen klimaschonend und ohne die lästige Parkplatzsuche unterwegs wären. Weitere Slams befassten sich unter anderen mit der Mobilitäts-Pyramide, Studien in der virtuellen Realität, 5G oder Motion Sickness - der Reisekrankheit also.

Uwe Holzhammer, Experte für Energiesystemtechnik an der Ingolstädter TH, hielt einen weiteren der insgesamt sechs Fachvorträge. Er befasste sich mit dem Komplex Elektromobilität sowie Energiewende und nannte zunächst Kennzahlen für die Region 10. In den Kreisen Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen und der Stadt Ingolstadt werden im Jahr rund 4,4 Terawattstunden Strom verbraucht. Mehr als 23600 Solaranlagen, 81 Wasserkraftwerke sowie 68 Windkraftanlagen gibt es hier. Steigt die Zahl von E-Autos in der Region nun an, steigt der Strombedarf. Holzhammers Forschung hat unter anderem ergeben, dass in der Region 38 neue Windkraftanlagen benötigt würden, wenn 50 Prozent aller Autos E-Fahrzeuge wären, um die Ziele beim Ausbau der Erneuerbaren Energien bis 2030 in der Region Ingolstadt zu erreichen.

DK

Christian Tamm