Ingolstadt
Tödliches Bremsmanöver an der Säule

Hielt ein Motorradfahrer die neue Mautkontrolle an der B16 für einen Blitzer?

20.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:02 Uhr
Die neuen blauen Säulen an Bundesstraßen wie hier bei Neuburg-Bruck sind keine Blitzer, sondern Mautkontrollen für den Schwerverkehr. Trotzdem kommt es dort immer wieder zu abrupten Bremsmanövern. Erst kürzlich starb an dieser Stelle eine Motorradfahrerin. −Foto: Richter

Ingolstadt (DK) Fünf der neuen Mautkontrollstellen auf Bundesstraßen gibt es derzeit in der Ingolstädter Region, oft argwöhnisch beäugt. Die blauen Säulen führen immer wieder zu scharfen Bremsmanövern, weil Verkehrsteilnehmer sie irrtümlich für Radarfallen halten. Bei Neuburg gab es direkt im Umfeld einer solchen Anlage einen tödlichen Unfall.

Die Lkw-Mautpflicht auf allen Bundesstraßen gilt seit 1. Juli. Die Kontrollsäulen stehen aber schon länger, unter anderem an der B16 bei Neuburg-Bruck. Dort war eine 53-jährige Motorradfahrerin aus dem württembergischen Ludwigsburg  am 25. Juni ums Leben gekommen. Ihr Mann hatte laut Polizei mit seiner Maschine einen Autokonvoi überholt und nach Zeugenberichten plötzlich gebremst. Seine nachfolgende Frau touchierte ihn und schleuderte nach links in den Waldrand. Für sie gab es keine Rettung.
 
Seither wird in dem Neuburger Stadtteil über den Unfall gerätselt. „Der Mann soll mit Tempo 150 sehr schnell unterwegs gewesen sein. Wahrscheinlich hat er die blaue Säule für einen Blitzer  gehalten und so scharf gebremst, dass seine Frau nicht mehr hat ausweichen können“, erzählt ein Gast in einem Brucker Imbiss.    „Es steht tatsächlich im Raum, dass es aus diesem Grund zu dem Unfall gekommen ist“, bestätigt Neuburgs Polizeichef Norbert Bachmaier. „Wir ermitteln wegen fahrlässiger Tötung.“  Der Mann habe sich bisher nicht geäußert. Nach Aussagen anderer Verkehrsteilnehmer soll das Biker-Ehepaar schon vor dem tödlichen Unfall „sehr flott“ auf der B16 unterwegs gewesen sein.
 
Blockierspuren von Autoreifen belegen jedenfalls, dass es an dieser Stelle schon wiederholt zu Bremsmanövern gekommen ist, seit die Säule steht.  Ähnliche Erfahrungen macht auch der Schrobenhausener Inspektionsleiter Klaus Rewitzer, in dessen Dienstbereich im Gewerbegebiet an der B300 ebenfalls eine solche Mautkontrolle  steht. „Die Abriebspuren zeigen, dass da schon etliche Fahrer in die Eisen gestiegen sind, weil sie von einem Blitzer ausgehen“.
 
Drei weitere blaue Säulen in der Region finden sich im Kreis Pfaffenhofen an der B13 bei Hettenshausen, an der B300 in Engelbrechtsmünster sowie an der B16a in Münchsmünster-Forstpriel. Dort gibt es bisher keine Auffälligkeiten. „Zumindest ist uns noch nichts gemeldet worden“, sagt  Ulrich Pöpsel von der Pfaffenhofener Polizei. Für Ingolstadt und den Landkreis Eichstätt seien im Moment keine Säulen geplant, stellt Claudia Steen von der Betreibergesellschaft Toll Collect fest.
 
„Die Mautkontrollstellen sind keine Geschwindigkeitsblitzer“,  versichert Toll Collect. Doch es gibt noch mehr Missverständnisse: Obwohl  auf den Bundesstraßen erst kurz  in Betrieb, machen in Trucker-Kreisen in der Ingolstädter Region  „Parolen“ die Runde, es würden „nur deutsche Brummifahrer abgezockt, osteuropäische müssen  nichts zahlen“. Diese Behauptung entspreche nicht den Tatsachen, klärt die Toll-Collect-Sprecherin auf. „Die Lkw-Maut gilt für ausländische Fahrzeuge genauso wie für inländische.“ 
 
„Mautpflichtig sind Fahrzeuge und Kombinationen ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht“, sagt Claudia Steen. Für Mautkontrollen auf Bundesstraßen würden rund 600 Säulen in Deutschland aufgebaut. „Sie ergänzen die mobilen Kontrollen des Bundesamtes für Güterverkehr und haben im Mautsystem eine  reine Kontroll-, jedoch keine Erhebungsfunktion.“ Die Bezahlung erfolge automatisch über spezielle Einbaugeräte in den Lastwagen oder alternativ manuell, indem mautpflichtige Straßenbenutzer eine Strecke per Smartphone-App, über das Internetportal von Toll Collect oder an speziellen Terminals an großen Tankstellen oder in Autohöfen buchen. 
 
Um die blaue Säule bei Bruck ranken sich zudem Behauptungen, sie sei für viel Geld aufgestellt worden, aber gar nicht in Betrieb, weil es wegen des benachbarten Militärflugplatzes Beeinträchtigungen bezüglich Radar und elektromagnetischer Strahlung gebe. „Davon ist bei uns  nichts bekannt“, heißt es beim Jagdgeschwader 74. Die Säule sei in Betrieb, bestätigt Toll Collect.  „Hier handelt es sich wohl um ein Gerücht.“