Streit um Schulöffnungen

CSU und Freie Wähler sind uneinig, ab welchem Inzidenzwert es Distanzunterricht geben soll

26.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:14 Uhr
  −Foto: Sven Hoppe/dpa

München - Die Öffnungsperspektiven für Schulen in bayerischen Corona-Hotspots sorgt für neuen Streit in der Koalition von CSU und Freien Wählern.

Sowohl FW-Chef Hubert Aiwanger als auch Kultusminister Michael Piazolo (FW) sprachen sich am Montag für eine Anhebung des Inzidenzwertes, ab dem Schüler in den Distanzunterricht wechseln müssen, entsprechend der Bundesnotbremse von 100 auf 165 aus.

"Das ist das Ziel der Freien Wähler, wenn die bayerische Regelung am 9. Mai ausläuft", sagte Piazolo mit Blick auf die bis dato befristete bayerische Corona-Verordnung. Er gehe davon aus, dass der Koalitionspartner dies auch möchte, "denn die CSU hat der Bundesnotbremse ja zugestimmt". Die von der CSU geführte Staatsregierung wies den Vorschlag aber umgehend zurück: "Ab einer Inzidenz von 100 gilt in Bayern der Distanzunterricht - und daran halten wir auch fest", sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann. Die Staatsregierung bleibe bei der bewährten Regelung, die Schüler, Lehrer und Familien besser schütze. "Der Kurs der Umsicht und Vorsicht lässt derzeit auch nichts anderes zu. "

Aiwanger sieht dies anders. "Wir sind der Überzeugung, dass wir in Bayern ein Sicherheitsplus durch Test- und Maskenpflicht haben", sagte der stellvertretende Ministerpräsident unserer Zeitung bei einem Termin in Kösching (Landkreis Eichstätt). Es sei besser, die Schüler in die Schulen zu holen, dort zu testen und dann Infizierte zu entdecken, "als wenn wir die Schüler im Distanzunterricht zu Hause lassen, Infektionen unentdeckt bleiben und Infizierte Nachbarkinder anstecken", so Aiwanger. "Alle beklagen, dass die Schüler seit Monaten kein Klassenzimmer mehr von innen gesehen haben. " Man könne die Kinder nicht ein ganzes Jahr lang nicht in die Schule gehen lassen.

Der bayerische Philologenverband sieht den Wunsch der Freien Wähler skeptisch: "Natürlich ist der Präsenzunterricht das Ziel und wir hoffen, dass dieses Schuljahr noch alle in die Klassenzimmer zurückkehren können", sagte der Vorsitzende Michael Schwägerl. Ein Mehr an Schulöffnungen müsse aber immer mit einem Mehr an Gesundheitsschutz einhergehen. Nur ein geringer Teil der Lehrkräfte an weiterführenden Schulen habe bisher eine Erstimpfung erhalten, vollständigen Schutz hätten die wenigsten. "Daher muss es momentan beim bayerischen Stufenplan mit einem Grenzwert von 100 bei der Inzidenz bleiben, und die Impfungen der Lehrerinnen und Lehrer müssen ausgeweitet werden. "

Aiwanger konterte, dass die Lehrer keine ungetesteten Kinder vor sich hätten. "Ich glaube, dass die Lehrer einsehen sollten, dass es für die Schüler und die ganze Schullandschaft besser ist, wenn wir diesen Spielraum jetzt ausnützen. "

Dem Vernehmen nach steht am Dienstag im Kabinett auch eine Beratung über die Infektionsschutzverordnung auf der Tagesordnung. Formell ist für eine Verlängerung zwar keine Abstimmung im Kabinett notwendig, weshalb etwa eine Enthaltung der Freien Wähler hier zunächst keine Konsequenzen hätte. Allerdings würde das Vorgehen die in der Pandemie gängige Praxis zur Verlängerung der Verordnungen gehörig durcheinanderwirbeln. Denn im Anschluss an das Kabinett tragen CSU und Freie Wähler den Kurs mit ihrer Mehrheit durch den Landtag, hier wäre die CSU bei einer Abstimmung auf Stimmen aus der Opposition angewiesen.

Die Freien Wähler machen bereits länger gegen die Bundesnotbremse mobil - unter anderem versuchen sie, die Regelung auch über ihren Bundesverband per Eilantrag am Bundesverfassungsgericht zu kippen. Zugleich drängen sie auch auf Öffnungen für Gärtnereien in Bayern. Diesen Kurs hatte am Sonntag der Landesvorstand der FW beschlossen.

"Das ist ein weiteres Kuriosum. Auch bei den Freien Wählern ist anscheinend kein Durchblick mehr vorhanden. Eigentlich ein Stück aus dem Tollhaus", sagte SPD-Fraktionschef Horst Arnold. Er kritisierte, dass die Freien Wähler zwar juristisch gegen die Bundesregeln vorgingen, diese aber zugleich auch für Bayern einforderten.

DK/dpa

Marco Schneider, Marco Hadem