München
Streit um Flutpolder-Verzicht nimmt kein Ende

Landtagsopposition verlangt Auskunft darüber, wie der Hochwasserschutz an der Donau nun funktionieren soll

30.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:15 Uhr

München (DK) In der Flutpolder-Debatte bekommt die Staatsregierung Gegenwind - und zwar von Freund wie Feind.

Hintergrund ist der Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern, in welchem der Verzicht auf den Bau der Flutpolder in Bertoldsheim (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) sowie Eltheim und Wörthhof (Kreis Regensburg) vereinbart wurde.

Die geplanten Flutpolder-Projekte in anderen Donau-Regionen hingegen sollen weiterhin aufrechterhalten werden - sehr zum Ärger der dortigen Anlieger, die Gleichbehandlung fordern. Insbesondere Freie-Wähler-Politiker machen nun Druck auf die eigenen Mitglieder der Staatsregierung, auch die Polder etwa an der schwäbischen Donau zu streichen.

Die Landtagsopposition hingegen beklagt, die Staatsregierung gefährde mit Streichung von Flutpoldern "das Leben und das Eigentum von Hunderttausenden Menschen", wie es in einer Mitteilung der SPD-Fraktion heißt. In einem Antrag an den Landtag verlangen der SPD-Umweltexperte Florian von Brunn und seine niederbayerischen Kollegen Ruth Müller und Christian Flisek nun Auskunft darüber, wie der Schutz ohne die drei Flutpolder funktionieren soll. "Der Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft der Technischen Universität München hatte drei Jahre lang ein wissenschaftlich fundiertes Konzept zum Hochwasserschutz an der Donau entwickelt, das diese Polder als alternativlose Maßnahme zum Schutz von Leben und Eigentum der betroffenen Menschen beschreibt. Auch die vorherige Staatsregierung sah das so", heißt es in der Mitteilung.

Man könne nicht verstehen, warum das nun nicht mehr gelten solle. "Angesichts der extremen Gefahren durch Hochwasser wie im Jahr 2013 ist es unverzichtbar, dass die Staatsregierung klar darlegt, mit welcher fachlichen Begründung auf diese Flutpolder verzichtet werden soll, und welche wissenschaftlich begründeten alternativen Maßnahmen mit mindestens der gleichen Schutzwirkung und im gleichen Zeitraum verwirklicht werden sollen. "

Auch die FDP macht Druck: Der Landtagsabgeordnete Alexander Muthmann aus Freyung hat eine Landtags-Anfrage gestellt. Er will wissen, ob die Staatsregierung ausschließen kann, "dass ein Verzicht auf die genannten Polder die Gefährdungslage für die donauabwärts gelegenen Kommunen verschlechtert".

Muthmann zitiert die Broschüre "Hochwasserschutz. Bayerisches Flutpolderprogramm" des Bayerischen Umweltministeriums vom November 2014 - darin heiße es unter anderem: "Besonders effektive Elemente des technischen Hochwasserschutzes sind gesteuerte Flutpolder. " Diese könnten im Vergleich zu Deichrückverlegungen und ungesteuertem Rückhalt die Abflussspitze bei gleichem Rückhaltevolumen deutlich stärker absenken.

Die Standorte Bertoldsheim, Wörthhof und Eitheim würden in der Broschüre ausdrücklich als geeignet und wirkungsvoll beschrieben. "Und vier Jahre später gilt das plötzlich nicht mehr? ", sagt Muthmann, der CSU und Freien Wählern vorwirft, den Verzicht auf die Polder im Koalitionsvertrag "ohne die entsprechende Sachkunde beschlossen" zu haben. Die Vereinbarung sei "offensichtlich nicht nur schnell, sondern auch schlampig gemacht" worden. Er drängt darauf, dass wissenschaftliche Erkenntnisse ernst genommen werden und fordert eine Rückkehr zu einer ergebnisoffenen Diskussion. Die Staatsregierung hat jetzt vier Wochen Zeit, auf die schriftlichen Anfragen zu antworten.

Alexander Kain