Schrobenhausen
Es wird aufgedeckt

21.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:27 Uhr

Warten auf den Spargel: Josef Rehm aus dem Schrobenhausener Ortsteil Linden baut als einer der ganz wenigen Erzeuger noch ohne Folie an - er kann frühestens in zwei bis drei Wochen mit der ersten Ernte rechnen. - Foto: Richter

Schrobenhausen (DK) Im Schrobenhausener Land, in Pörnbach und auf Aichach-Friedberger Gebiet läuft die Spargelernte an. Gestern begannen viele Betriebe mit dem Stechen, der Erzeugerverband Südbayern setzt dabei auf die regionale Vermarktung. Der Anbau erfolgt mitunter auch ohne jeglichen Folieneinsatz oder auf beheizten Feldern.

Lange mussten die Verbraucher darauf warten, seit gestern gibt es ihn wieder: Viele heimische Spargelerzeuger haben gestern mit der Ernte des edlen Gemüses begonnen. Es wird gestochen, was die Felder hergeben, und das ist heuer schon eine beachtliche Menge. Das Wetter hatte sich im März bisher warm und mild präsentiert, auch in den Nächten. Das kommt den Spargelbauern zugute. 90 Betriebe sind im Spargelerzeugerverband Südbayern im Schrobenhausener Land organisiert. Sie produzieren auf einer Fläche von rund 580 Hektar.

"Es ist gut, wenn die Sonneneinstrahlung nicht gleich so heftig ist", heißt es bei der Familie Seine in Mühlried, einem Ortsteil von Schrobenhausen. Sie baut die weißen Stangen seit 1986 an. Manfred und Gabi Seine hatten die Spargelproduktion begonnen, inzwischen ist Sohn Thomas eingestiegen. "Wenn es zu heiß wird, explodiert der Spargel geradezu, dann wächst er zu schnell", sagt er. Zu viel Ware auf dem Markt drückt aber die Preise. So sind die Erzeuger froh, dass die Witterung im Moment passt. Der Boden ist trocken und die Ernte leicht möglich. "Gut, dass wir loslegen können, denn heuer drücken die Holländer sehr stark rein", sagt die Familie Seine. Da wollen die Lieferanten im Schrobenhausener Land, in Pörnbach im Kreis Pfaffenhofen und im Raum Aichach-Friedberg natürlich dagegenhalten.

Die meisten Bauern hatten schon früh im Jahr begonnen, ihre Folien über die Felder zu ziehen, um die Wärme im Boden zu halten. Nur so ist es möglich, der Kundschaft bereits jetzt heimischen Spargel anzubieten. Kaum jemand baut noch ohne Folie an, ihr Anteil liegt bei einem oder zwei Prozent.

Georg Lohner und sein Bruder Josef aus Inchenhofen auf Aichach-Friedberger Flur machen sich um die Kälte weniger Sorgen. Sie gehören zu den wenigen Bauern, die den Boden ab Mitte oder Ende Januar beheizen, was nicht alle gutheißen. "Wir legen aber Wert darauf, dass es sich um umweltfreundliche Technik handelt", sagt Georg Lohner (51). "Deshalb verwenden wir nur Hackschnitzel aus Abfallholz von verschiedenen Lieferanten." Der Betrieb hilft der Natur seit sieben Jahren nach, die beheizbare Fläche beträgt rund 15 Hektar - nur ein Bruchteil der einige Hundert Hektar großen Gesamtfläche. "Sobald es draußen wärmer wird, produzieren wir überwiegend konventionell wie die Erzeuger anderswo auch." Die Lohners haben heuer schon am 1. März mit dem Stechen begonnen, offenbar besteht große Nachfrage.

Die Nachbarn vom Schrobenhausener Verband mussten bis gestern warten, bevor es richtig losging - am Montag hatten schon einige der 90 Mitglieder probeweise geerntet. "Jetzt hoffen wir auf gutes Wetter und eine reiche Ernte", sagt Peter Strobl als Geschäftsführer des Spargelerzeugerverbands Südbayern. Ein echter Experte in Sachen Spargel, war er doch bis 2015, bis zum Abschied in den Ruhestand, 30 Jahre lang als Fachberater für dieses Gemüse in der Schrobenhausener Außenstelle des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Pfaffenhofen tätig. Zu den Preisen in der aktuellen Saison will er sich nicht äußern, "da mische ich mich nicht ein. Aber sie werden so sein wie im Vorjahr", vermutet Strobl.

Den Verbrauchern in der Region rät der Geschäftsführer des Erzeugerverbands, auf Qualität aus heimischer Produktion zu setzen. "Achten Sie auf unser Logo. Wir verpflichten uns zum Beispiel, die Länge der Stangen auf 22 Zentimeter zu reduzieren. Denn je mehr der Spargel in die Länge geht, umso fasriger wird er nach unten." Wie aber erkennt der Käufer, was gute und frische Ware ist? Peter Strobl weiß es: "Sie soll glänzend sein, einen guten Geruch und keinen matschigen Kopf haben. Die Schnittstelle sollte außerdem nicht braun und eingetrocknet aussehen." Der bekannte Tipp, dass frischer Spargel beim Aneinanderreiben quietscht, sei grundsätzlich richtig, bestätigt der Fachmann. "Aber welcher Verkäufer mag es schon, wenn man seine Ware nimmt und damit hantiert", fragt er. Wer nur auf "billig, billig" achte, könne nicht unbedingt Qualität erwarten.

Während die meisten Spargelbauern seit gestern in den Startlöchern stehen, geht für andere das Warten weiter. Sie verzichten aus Prinzip auf den Einsatz von Folien und produzieren nach dem Motto "Es kommt, wie es kommt". Monika Bucher und ihr Mann Xaver gehören zu diesen "Exoten", ihr Betrieb liegt in Oberlauterbach. "Wir haben noch nicht mal die Dämme gezogen", sagt die 53-Jährige. "Die Ware verkaufen wir im Hofladen, und wir haben eine große Stammkundschaft, aber auch Laufkunden. Die Leute kommen immer wieder, weil ihnen unser Spargel schmeckt." Elfriede Dick vom "Lillhof" in Waidhofen steht ebenfalls auf den Anbau "oben ohne" - PE-Folie kommt ihr nicht aufs Feld. Nachhaltiges Wirtschaften im Einklang mit der Natur sei ihre Lebensphilosophie. Sie rechnet erst Mitte April mit der ersten Ernte. "Es ist schade, dass viele Menschen nicht bereit sind, für qualitativ gutes Essen mehr zu zahlen", findet sie. "Es geht doch auch um die eigene Gesundheit."

Christine und Josef Rehm in Schrobenhausen-Linden verzichten ebenfalls auf Folienanbau. Auch sonst setzen sie auf Tradition: "Wir haben voriges Jahr zwei alte Sorten gepflanzt, die nicht mehr so verbreitet sind." Die immer früher beginnende Saison sehen sie skeptisch: "Bis wir mit unserer Ware auf den Markt kommen, ist die Nachfrage in der Gastronomie meist nicht mehr so groß, weil die Gäste oft schon genug vom Spargel haben." Aber jammern wollen sie nicht, haben sie ihre Nische doch gefunden - und Kundschaft gibt es für jeden Erzeuger genug, egal ob er nun auf Bodenheizung, Folienabdeckung oder Naturanbau setzt.