Kipfenberg
Er kämpft sich zurück ins Leben

57-Jähriger hatte nach Schlaganfall stundenlang auf Polizeiwache ausgeharrt - Erste Schritte mit Gehwagen

02.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:37 Uhr

Kipfenberg (DK) Zeitweise hatte es nicht so ausgesehen, als würde er überleben, lange lag er im Koma. Ein 57 Jahre alter Münchner, der nach einem Schlaganfall für einen Drogenkonsumenten gehalten worden war und stundenlang auf einer Ingolstädter Polizeiwache ausgeharrt hatte, befindet sich inzwischen auf dem Weg der Besserung. Von einem normalen Alltag ist er aber noch weit entfernt. Noch immer trägt er einen Beatmungsschlauch, seine linke Seite zeigt Lähmungserscheinungen. "Aber er macht gute Fortschritte", sagt ein guter Freund, der ihn am Sonntag in der Reha-Klinik in Kipfenberg (Kreis Eichstätt) besucht hat.

"Max hat bereits erste Schritte mit einem Gehwagen gemacht", sagt sein Freund. "Er kann auch die linke Hand und sein linkes Bein leicht bewegen, aber da fehlt es noch weit. Er ist immer noch stark beeinträchtigt, auch was sein Erinnerungsvermögen betrifft. Sein Langzeitgedächtnis scheint in Ordnung zu sein, aber er erinnert sich nicht an das, was vor ein paar Stunden oder gestern passiert ist. Anscheinend kann er seine Situation nicht richtig einschätzen. Aber wir haben die Hoffnung, dass er sich irgendwann wieder einmal selbst versorgen und eigenständig leben kann."

Der Betroffene feiert nächste Woche seinen 58. Geburtstag, am 24. August will er heiraten. Ob er bis dahin wieder soweit hergestellt ist, lässt sich aber noch nicht sagen. Seine Freunde haben inzwischen über die Internetseite leetchi.com und den Titel "Max & sein Kampf zurück ins Leben" ein Spendenkonto für den Frührentner, einen bisher begeisterten Motorradfahrer, eingerichtet. Um auf sein Schicksal aufmerksam zu machen, wollen sie voraussichtlich am 12. August einen Motorradkorso von München nach Ingolstadt starten. "Als ersten Stopp haben wir die Verkehrspolizei Ingolstadt vorgesehen. Hoffentlich haben die Kollegen dort ein Herz und spenden kräftig mit", sagt der Initiator der Fahrt.

Der 57-Jährige war, wie bereits berichtet, am 15. Mai gegen 22.20 Uhr auf der A9 bei Denkendorf am Steuer seines Skodas aufgefallen, weil er mit 40 Stundenkilometern und in Schlangenlinien Richtung Süden fuhr. Eine Streife der Verkehrspolizei stoppte ihn, die anschließende Überprüfung auf Alkoholbeeinflussung blieb negativ. Allerdings sprach ein Drogenschnelltest an, sodass die Polizisten den Mann zur Blutentnahme ins Klinikum Ingolstadt brachte.

Auch der behandelte Arzt erkannte nicht, was der eigentliche Grund für die Ausfallerscheinungen des Verkehrsteilnehmers war, nämlich ein Schlaganfall. Das stellte sich erst heraus, als die Verlobte des Münchners ihn am nächsten Morgen auf der Polizeiwache abholte, wo er stundenlang ausgeharrt hatte, und in ärztliche Behandlung bringen ließ.

Der Vorfall hatte für große Bestürzung gesorgt, auch innerhalb der Ingolstädter Polizei. Während die künftige Frau des 57-Jährigen ihr vorwarf, den Mann "in die Drogenecke gestellt" zu haben, anstatt genauer hinzuschauen, hieß es auf der Dienststelle, man habe immer wieder nach ihm geschaut, aber keine Anzeichen für einen Schlaganfall feststellen können.

Möglicherweise hatte der Mann zunächst nur leichte Durchblutungsstörungen, die dazu führten, dass er in Schlangenlinien fuhr, und erst später - nach der Blutentnahme im Klinikum - einen Schlaganfall erlitten. Inzwischen prüft die Staatsanwaltschaft Ingolstadt, ob in seinem Fall strafrechtlich relevante Versäumnisse vorliegen.

Horst Richter