Reichertshofen
Gedächtnislücken nach Gewaltverbrechen

20.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:33 Uhr

 

Reichertshofen (DK) Fünf Wochen nach dem gewaltsamen Tod eines 51-jährigen Reichertshofeners bleibt das Geschehen weiter rätselhaft. Die 39 Jahre alte Tatverdächtige macht Gedächtnislücken geltend. Die Staatsanwaltschaft hat derweil einige Gutachten angefordert, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Die Polizei hatte das leblose Opfer am 14. Mai in dessen Mansardenwohnung an der Paarstraße in Reichertshofen (Kreis Pfaffenhofen) entdeckt. Die Beschuldigte war zuvor in einer Ingolstädter Sozialeinrichtung erschienen und hatte von einem Streit mit dem Mann berichtet; nun liege er tot da, hatte sie sinngemäß erklärt. Als gesichert gilt, dass die 39-Jährige die Nacht zuvor in dem Haus verbracht hatte. Vieles deutet darauf hin, dass es sich bei der Tat um die folgenschwere Auseinandersetzung zweier alkoholkranker Menschen gehandelt haben dürfte. Sowohl die Beschuldigte als auch das Opfer sollen nach Polizeiangaben stark betrunken gewesen sein, als es zu dem Streit kam.

Massive Gewalt gegen den Hals war laut Obduktion die Todesursache. Waren es Fußtritte oder Schläge? Kniete die Beschuldigte eventuell auf dem Kehlkopf des 51-Jährigen, bis er starb? Oder wurde der Reichertshofener gewürgt? Solche Fragen gilt es auch Wochen nach dem Gewaltverbrechen noch zu klären. „Meine Mandantin kann dazu nichts sagen, ihr fehlt die Erinnerung“, erklärte Verteidiger Rainer Maria Rehm. „Das erscheint mir auch glaubwürdig und nicht bloß eine Schutzbehauptung zu sein.“

Die 39 Jahre alte, in Neuburg geborene Frau soll dem Vernehmen nach schon länger unter psychischen Problemen leiden. Sie hatte eigenen Angaben zufolge studiert und einige Zeit in Berlin gelebt. Schon dort soll sie seit 2011 wegen ihrer schweren Sucht unter Betreuung gestanden sein. Auch als sie nach Ingolstadt zog, besserte sich ihr Zustand offenbar nicht. Zuletzt hatte sie sich in der Psychiatrie des Ingolstädter Klinikums behandeln lassen, hatte die Station aber zwischendurch immer wieder verlassen.

So war sie einige Tage vor dem Gewaltverbrechen in psychisch völlig desolatem Zustand in einer Sozialeinrichtung erschienen, berichteten Zeugen. Die Frau sei von Männern oft ausgenutzt worden, weshalb sie „komplett ausrastete, wenn man sie nur ein wenig anfasste“, selbst wenn es harmlos gemeint war, heißt es in ihrem Umfeld. War sie auch zur Tatzeit belästigt worden? Die Frage bleibt offen. „Für mich ist das entscheidende Kriterium, ob sie überhaupt schuldfähig ist“, sagt Verteidiger Rehm.