Wo acht Jungfrauen einen Monat lang badeten

Die Sage um das einstige Schloss von Schenkenau ist eine Geschichte über die Vergänglichkeit

05.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:18 Uhr
Nicht nur zauber-, sondern auch sagenhaft ist dieser Ort: Rund um das Sankt-Nikolaus-Kirchlein von Schenkenau rankt sich Geheimnisvolles. −Foto: M. Schalk

Sagenhaft ist dieser Ort in vielerlei Hinsicht: Einst sollen in Schenkenau, im Südosten des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen gelegen, wieder und wieder acht Jungfrauen gesehen worden sein.

Immer um Mitternacht ritten sie in weißen Gewändern auf Schimmeln herbei, in weißen Kleidern. Einen Monat lang wuschen sie im Teich ihre Körper und trockneten sie danach mit ihren langen Haaren ab. Ein Grund, mal nach Schenkenau zu fahren, sind sie allerdings nicht - es ist Jahrhunderte her, dass sie zuletzt gesehen worden sind.

Der Pfaffenhofener Heimatforscher Reinhard Haiplik beobachtet schon seit langem, dass solche Sagen oft dort auftauchen, wo sich Schlösser und Gewässer befinden. Nun ist das Sankt-Nikolaus-Kirchlein zwar sagenhaft schön an einem See gelegen, ein Schloss aber befindet sich hier nicht - mehr.

Denn tatsächlich stand hier eines derer von Seiboldsdorf. 1422 kaufte Wernher von Seyboldsdorf die Hofmark Schenkenau von Herzog Wilhelm III. von Bayern. Wenig später teilte sich das Adelsgeschlecht auf drei Linien auf. Lange Zeit blieb Schenkenau der Hauptsitz.

Der Ort strahlt tiefe Ruhe aus. Das Kirchlein fällt auf, schmal ist es, und keck strebt es in luftige Höhen. Den Turm ziert eine Sonnenuhr. Auf den einzelnen Seiten sind Fragmente eines lateinischen Satzes zu lesen: Ut hora sic fugit vita - Wie die Stunde, so eilt das Leben dahin.

Das passt zur Sage von den acht Jungfrauen, zur Vergänglichkeit ihrer Präsenz. Denn als jener Monat vorüber war, kehrten die schneeweißen Grazien nie mehr an diesen Ort zurück. Und auch das Schloss von Schenkenau verschwand.

Schon im 12. Jahrhundert muss hier eine Kirche gestanden sein, die einen wertvollen Schatz beherbergte. Angeblich sollen hier Reliquien des heiligen Nikolaus aufbewahrt worden sein, die Graf Ortolf von Hohenwart von seinem ersten Kreuzzug mitgebracht hatte. Heimatforscher Haiplik recherchierte, dass er sich noch zu einem zweiten Kreuzzug aufmachte; diesmal erlag er der Pest.

Der Augsburger Bischof weihte die Schenkenauer Kirche im Jahr 1138, sie wurde damals Ziel vieler Wallfahrer. "Der Nikolausabend wurde in Schenkenau ausgiebig gefeiert: Die Herren von Schenkenau luden Arme aus der Umgebung ein, um sie fürstlich zu bewirten", berichtet Haiplik, der auch das Ende des Schlosses datieren kann: "Nach dem Dreißigjährigen Krieg lag das Schloss in Schutt und Asche. Nur der Schmied und der Leinweber hausten noch in den Ruinen. "

Das Schloss wurde noch einmal aufgebaut, und auch der Brauch der Schenkenauer Nikolausfeier lebte wohl noch einmal auf. Nach den Napoleonischen Kriegen hört man davon nichts mehr. Aber die Sage von den acht badenden Jungfrauen hat sich bis heute gehalten.

Mathias Petry

ZUR SERIE
Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, entdeckt manchmal rätselhafte Details in den Straßen, an Gebäuden und Plätzen. In einer Serie spüren der DONAUKURIER und seine Heimatzeitungen einigen dieser Geheimnisse nach. Die Geschichte über den Fußball am Pfeifturm hat die Ingolstädter Lokalredaktion schon einmal im Rahmen ihrer Serie "Irgendwie merkwürdig" beleuchtet. Sie findet sich auch in dem Buch "Ingolstädter Geheimnisse", das jetzt vom DK und dem Bast-Verlag herausgegeben wurde.