Regensburg
Pharma-Skandal betrifft auch Bayern

Mindestens 339 Packungen illegaler Krebs-Medikamente wurden an Apotheken im Freistaat geliefert

14.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:52 Uhr

Regensburg (DK) Auch Krebspatienten im Freistaat sind von einem deutschlandweiten Pharma-Skandal betroffen. Insgesamt sind bis heute bayernweit 339 Packungen aufgetaucht, die wohl zum größten Teil auch bereits an Patienten weitergegeben wurden.

Eine Sprecherin der für die Überwachung von Medikamenten zuständigen Regierung von Oberbayern bestätigte, dass 57 Packungen sehr teurer Medikamente an Apotheken oder Großhandlungen geliefert wurden, die offenbar gestohlen und aufgrund nicht sachgemäßer Lagerung mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Wirkstoff an Apotheken auch in Niederbayern und Oberbayern geliefert wurden. Wie die Regierung von Mittelfranken mitteilte, wurden nach derzeitigem Stand 282 Packungen illegaler Medikamente nach Franken und in die Oberpfalz geliefert. Aufgrund eines Engpasses hatten auch  bayerische Apotheken die Medikamente von der Firma Lunapharm aus Brandenburg bezogen, der zwischenzeitlich die Betriebserlaubnis entzogen wurde. Das Unternehmen klagte gegen die Entscheidung der Regierung von Brandenburg.  
 
Heinz F. ist an Krebs erkrankt, er lässt sich derzeit in der Urologie eines Regensburger Krankenhauses behandeln. Während seiner Behandlung dort erfuhr der Krebspatient letzte Woche, dass er wohl Opfer eines Medikamenten-Skandals wurde. „Man hat mir mitgeteilt, dass ich offenbar im April dieses Jahres von meiner Apotheke Medikamente bekommen habe, die gestohlen waren und keinen Wirkstoff enthielten“, so der Krebspatient. „In der Apotheke teilte man mir dann mit, dass die ansonsten liefernde Firma einen Engpass hatte und deshalb von einer Firma aus Ostdeutschland bestellt hat“, so Heinz F. weiter. „Da war ich einigermaßen geschockt.“ 
 
Bei dem Medikament, das Heinz F. einnehmen musste, handelt es sich um X-Geva. Bereits im Juli ging das Gesundheitsministerium des Landes Brandenburg mit einer Task Force der Frage nach, ob der ostdeutsche Medikamentenhändler Präparate bezog, die möglicherweise aus kriminellen Kreisen stammten. Teure Medikamente sollen aus Kliniken in Griechenland gestohlen worden sein, wurden offenbar abenteuerlich gelagert und transportiert, die Kühlung sei unterbrochen worden, die Wirksamkeit der betroffenen Medikamente fragwürdig.
 
 Die Medikamente sind sehr kostspielig, eine Packung X-Geva kostet beispielsweise 500 Euro. Andere Präparate, die aus der umstrittenen Charge stammen, kosten mehrere tausend Euro. Die Medikamente werden normalerweise so produziert, dass der jeweilige Krebspatient diese sofort einnehmen kann. Hinweise darauf, dass bei der betroffenen Brandenburger Firma Lunapharm Unregelmäßigkeiten auftreten, gab es bereits 2016. Doch erst jetzt entzog das Brandenburger Gesundheitsministerium die Zulassung. 
 Der Sprecher des Verbands der Bayerischen Apotheken verweist auf Anfrage an die zuständigen Regierungsbehörden, will sich konkret zu Fragen nicht äußern. „Was wir ganz grundsätzlich und allgemein sagen können ist, dass die Berufsorganisationen der Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland schon seit geraumer Zeit Kritik an der Praxis langer Handels- und Importwege übt“, sagt  Thomas Metz vom Apothekerverband. „Es bestätigt sich, dass Arzneimittel fraglicher Qualität in die legale Handelskette gelangen können, je länger, unübersichtlicher und internationaler die Transportwege sind“, so Metz weiter. 
 Krebspatient Heinz F. ist enttäuscht, dass man ihn mehr oder weniger im Unklaren darüber ließ, welche Auswirkungen ein solches Medikament für ihn und den Verlauf seiner Erkrankung haben könnte. „Zwar haben die Ärzte mir gesagt, dass es seit April keine Verschlechterung gebe“, so F. Doch seinem Vertrauen in seine Ärzte und die Apotheken sei der Skandal nicht zuträglich gewesen.