Nürnberg
Nürnberg will Elterntaxis ausbremsen

Mehr Park- und Halteverbote und verstärkte Kontrollen der Polizei vor den Schulen gefordert

05.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr
Vor vielen Schulen herrscht morgens und mittags ein gefährliches Verkehrschaos. Ein Grund sind die vielen Elterntaxis, mit denen die Kleinen von ihren besorgten und oft gestressten Eltern zur Schule gebracht werden. In Nürnberg soll sich das jetzt ändern. −Foto: Hollemann/dpa

Nürnberg (DK) Immer mehr Autos vor den Schulen gefährden die Sicherheit der Kinder. Eine Allianz aus CSU, SPD, Grüne und FDP will nun in Nürnberg mit strikten Parkverboten vor den Schulen die "Elterntaxis" verbannen. Sogar die Polizei soll dabei helfen.

Sie sind bequem, sollen aber gefährlich für die Sicherheit auf dem Schulweg sein: "Eltern-Taxis". Weil offensichtlich immer mehr Kinder in Nürnberg mit dem Privatauto zur Schule gefahren werden, will eine supergroße Koalition aus CSU, SPD, Grünen und FDP neue Maßnahmen gegen Mamas und Papas am Steuer auf den Weg bringen. Mit schärferen Parkverboten sollen die privaten Hol- und Bringdienste verbannt werden. Sogar die Polizei soll im Kampf gegen die tägliche Blechlawine vor den Bildungseinrichtungen zum Einsatz kommen.

Mit gutem Zureden können überzeugte "Helikopter"-Eltern offensichtlich nicht mehr erreicht werden. In den vergangenen Jahren hätten Elternabende und Elternbriefe "keinerlei Wirkung" gezeigt, schreiben die Ratsmitglieder in ihrem gemeinsamen Antrag. Trotz der Aufklärungsarbeit hätte sich der Trend zum Elterntaxi in Nürnberg immer weiter verstärkt, beklagen sich die Stadträte. "Viele Eltern meinen, sie müssen ihren Nachwuchs bis in das Klassenzimmer fahren", bringt CSU-Fraktionschef, Marcus König, die Stimmungslage der Ratsherren auf den Punkt. Deshalb sollen in Nürnberg härtere Saiten aufgezogen werden.

Auf die Palme bringt CSU-Fraktionschef König das paradoxe Verhalten vieler Familien. "Die Eltern fordern Sicherheit vor Schulen, sind aber gleichzeitig das größte Sicherheitsproblem." Die Situation auf den Straßen vor den Schulen zum Schulbeginn um 8 Uhr sowie zum Schulende um 13 Uhr habe sich trotz aller Bemühungen und allen guten Zuredens in der letzten Zeit sogar noch verschärft. "Viele Eltern sind im Zeitdruck und fahren wie am Norisring viel zu schnell zur Schule, parken in der zweiten Reihe und lassen den Motor laufen, während sie die Schultasche ihren Sprösslingen hinterhertragen", erklärt der CSU-Fraktionschef auf Anfrage. "Nicht mehr zu tolerieren" seien laut König die Bilder, die sich jeden Morgen hauptsächlich vor Grundschulen abspielen.

Weil sich dieser Trend nach dem Befinden der Stadtratsmitglieder weiter verstärkt, fordern diese eine härtere Gangart und neue Restriktion. Nach dem Motto "Wer nicht hören will, muss fühlen" will die satte Mehrheit im Stadtrat die Schultaxis mit neuen Park- und Halteverboten vor den Schulen ausbremsen. Mit Schildern allein ist das Problem allerdings wohl nicht zu lösen. Als Schwachstellen haben die Stadträte deshalb offensichtlich die Überwachung der Parkverbote ausgemacht. Schließlich sind legale Parkplätze schon heute von den Schulen rar gesät. Deshalb soll die Polizei die neuen Parkverbote kontrollieren.

"Hier ist es wirklich sinnvoller, wenn wir die Polizei einsetzen", ist sich König sicher. Der kommunalen Verkehrsüberwachung traut König wohl nicht dazu, dass sie diese Aufgabe allein erledigen könne. Die Polizei zeigt allerdings wenig Begeisterung an der neuen Aufgabe und verweist auf die bereits bestehenden Bemühungen besonders zum Schuljahresbeginn. Eine "permanente flächendeckende Kontrolle aller Nürnberger Schulen" sei aufgrund zeitgleich anderweitig anfallender Aufträge "nicht möglich", teilt eine Sprecherin der mittelfränkischen Polizei auf Anfrage mit. Ohnehin sei "keine wesentliche Verbesserung allein durch eine Steigerung des Überwachungsdruckes möglich", ist man sich bei der Polizei sicher. Dort will man weiter auf Aufklärungsarbeit und präventive Maßnahmen setzen und verweist auf erfolgreiche Beispiele wie die "Fußmeilenaktion" an der Hegelschule oder die "Flyeraktion" an der Grundschule Laufamholz.

Dagegen scheint den Stadtratsmitgliedern um Marcus König die Lust auf gutes Zureden vergangen zu sein. In dem gemeinsamen Antrag zeigen sich CSU, SPD, Grüne und FDP wild entschlossen, den Mamas und Papas mit empfindlichen Strafen endlich ins Lenkrad ihrer Elterntaxis greifen zu wollen. "Ich bin der Meinung, viele Kinder schaffen den Schulweg auch zu Fuß. Wir wollen unseren Nachwuchs doch zur Selbstständigkeit erziehen", erklärt Marcus König. Nürnberg versteht sich als bayerischer Vorreiter auf dem Gebiet der Schulwegsicherheit. "Wir haben als CSU den ersten Antrag 2010 gestellt, dass wir vor Schulen Tempo 30 einführen", sagt König. Nach dem Vorbild des strikten Tempolimits vor Schulen sollen nun mit strengeren Parkregeln die Helikoptereltern zur Räson gerufen werden.

CHAOS VOR DEM SCHULHAUS

Viele Eltern glauben, ihre Kinder "direkt" in die Schule fahren zu müssen, schreiben die Stadtratsmitglieder in ihrem gemeinsamen Antrag . Oftmals werde angeführt, dies sei der Sicherheit der Kinder dienlich.

 

Durch die zunehmende Zahl von Schultaxi-Eltern werde die Situation insbesondere vor den Grundschulen zu den Stoßzeiten immer unübersichtlicher. Dies führe dazu, dass die kleineren und jüngeren Jahrgänge der Schulen "hinter Autos verborgen sind und Gefährdungen ausgesetzt" seien, schreiben die Stadträte von CSU, SPD, Grüne und FDP in ihrem gemeinsamen Antrag.

 

Die Stadt Nürnberg soll alle Schulstandorte überprüfen, ob in den Kernzeiten des Schulbeginns und Schulendes durch eine Ausweitung von Halte- und Parkverboten vor den Schulgebäuden eine Verbesserung der Sicherheit für die Kinder erreicht werden kann.

 

Da durch den elterlichen Hol- und Bringdienst auch eine latente Gefahr für die zu Fuß gehenden Kinder nicht von der Hand zu weisen sei, führe die Polizei im direkten Schulumfeld nach eigenen Angaben im laufenden Schuljahr stichpunktartige Kontrollen insbesondere mit dem Schwerpunkt "Eltern-Taxi" durch.

 

Bis zu drei Wochen nach dem Beginn des Schuljahres versuchen Polizisten im direkten Umfeld von Grundschulen durch "konsequentes Einschreiten und gezielte Ansprache" die Eltern für die Problematik zu sensibilisieren. | npe