Nürnberg
Ein Diamant als Unruhestifter

Kulturausschuss des Nürnberger Stadtrates billigt umstrittene Skulptur zu Ehren Nelson Mandelas einstimmig

29.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Nürnberg (DK) Auf dem Nelson-Mandela-Platz in Nürnberg soll bald ein Kunstwerk an den großen Mann aus Südafrika erinnern. Mit einem ebenso funkelnden wie kostspieligen Rohdiamanten will die Stadt den Freiheitskämpfer und späteren südafrikanischen Präsidenten ehren.

Der Kulturausschuss des Nürnberger Stadtrates hat am Freitag einstimmig beschlossen, auf dem Platz hinter dem Hauptbahnhof ein Kunstwerk mit einem Edelstein für insgesamt rund 100 000 Euro in Auftrag zu geben. "Rolihlahla" nennen die beiden Künstlerinnen Andrea Knobloch und Ute Vorköper ihren Entwurf. Ein großer Rohdiamant soll von einer 500 Kilogramm schweren und 1,83 Meter (Nelson Mandelas Körpergröße) hohen Acrylglasstele umschlossen werden. Kunstlicht soll den ungeschliffenen Stein nicht nur in der Nacht zum Funkeln bringen. Der Name ist eine direkte Hommage an Mandela selbst, der "Rolihlahla" als ersten Vornamen trug. "Unruhestifer" soll der Name übersetzt bedeuten.

Diese Aufgabe soll der Diamant bald auch in der Südstadt übernehmen. Mancher in Nürnberg hält das für eine Provokation. Schließlich halte man den Menschen rund um Bahnhof den verlockenden Diamanten direkt vor diese Nase. Diese Befürchtung griff CSU-Stadtrat Joachim Thiel am Freitag im Kulturausschuss auf. Er sagte, in der Südstadt lebten viele Menschen, für die so ein Stein ein Vermögen darstelle. Mandela hätte es wohl lieber gesehen, wenn Nürnberg mit dem vielen Geld armen Kindern in Afrika geholfen hätte. Ruth Zadek von der SPD attestierte der Skulptur dagegen eine "bestechende Ambivalenz". Dialektisch argumentierte Britta Walthelm von den Grünen. Gerade weil die Stadt "so etwas Kostbares in der Südstadt" plane, zeige das die Wertschätzung für die Stadthälfte mit den niedrigsten Mieten und höchsten Arbeitslosenzahlen.

Laut Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) ist allein schon die Frage, ob die Südstadt einen Rohdiamanten überhaupt verdiene, absurd. Gerade weil man zusammenzucke, wenn man die Worte Diamant und Südstadt in einem Atemzug gebrauche, sei das glitzernde Kunstwerk an dieser Stelle genau richtig, argumentierte Baureferent Daniel Ulrich. Am Ende stimmten alle Stadträte dafür - auch der Bedenkenträger aus den Reihen der CSU.

Mit der Begehrlichkeit, die der Schatz in der Südstadt wohl auslöst, will das Künstlerduo bewusst spielen. Sicherheitsmaßnahmen rund um den Stein sind nicht geplant. Der Diamant wird Menschen anziehen, die "ihn besitzen oder zerstören" wollen, sind sich die Künstlerinnen sicher. Dieses Wechselspiel zwischen Angriff und Verteidigung soll bewusst zum Vorschein gebracht werden. Spuren der Zerstörungen sollen in der Ummantelung des Steines zurückbleiben. Diese Spuren werden nach Ansicht der Künstlerinnen den ewigen Kampf um die Menschenrechte symbolisieren.

Ob der Stein für Diebe wirklich unerreichbar bleibt, wird sich erst in der Zukunft zeigen. Die Stadt lässt sich jedenfalls nicht abschrecken. Man will sogar einen "möglichst großen Stein" kaufen. Rund 25 000 Euro soll der Diamant kosten dürfen, den die Künstlerinnen in einer möglichst fairen Diamantenmine bei einem möglichst menschlichen Diamantenhändler in Südafrika auftreiben sollen. Denn eines wollen die Nürnberger auf keinen Fall - dass am Ende ein "Blutdiamant" auf dem Mandela-Platz funkelt.