Rom
Nötigung im Vatikan: Untersuchungs-Akten liegen beim Papst

Ermittlungsergebnisse nach Missbrauchsvorwürfen gegen hochrangigen Priester sind in Rom - Wird die Verjährung aufgehoben?

18.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:29 Uhr
Domus Sanctae Marthae im Vatikan, direkt hinter dem Petersdom: Dort residiert Papst Franziskus. −Foto: Schneider

München/Rom - Der Fall eines hochrangigen katholischen Geistlichen, dem sexuelle Nötigung eines anderen Priesters während seiner Dienstzeit im Vatikan vorgeworfen wird, liegt mittlerweile in Rom: Die umfangreichen Akten, die im Rahmen von Voruntersuchungen in der Heimatdiözese des katholischen Geistlichen angefertigt wurden, sind vom zuständigen Bischof dem Vatikan "zur Rücksprache" zugeleitet worden, teilte nun eine Sprecherin des zuständigen Bistums auf DK-Anfrage mit.

In Rom sollen die Akten gesichtet werden. In den Unterlagen befinden sich wohl auch die Vernehmungsprotokolle von September: Damals hatte das vermeintliche Opfer über fünf Stunden lang vor dem Kirchengericht ausgesagt.

Wie mehrfach berichtet, sieht sich der Geistliche Anschuldigungen ausgesetzt, einen heute 46-jährigen Priester in vatikanischen Büros mehrfach zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben. Der hochrangige Geistliche wies die Vorwürfe, die nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung vor rund zwei Jahren aufgekommen waren, von Anfang an mit Nachdruck zurück. Der Fall hatte auch im Ausland für Aufsehen gesorgt, große Zeitungen in Italien widmeten der Sache mehrere Artikel.

"Nach Rückmeldung aus Rom wird über das weitere Vorgehen entschieden", erklärte die Sprecherin zu den nun ausgefertigten Unterlagen. Es muss wohl auch darüber entschieden werden, ob möglicherweise die im Kirchenrecht für die dem Priester vorgeworfenen Taten festgeschriebene Verjährung aufgehoben wird. Dies obliegt Papst Franziskus. Denn: Die vermeintlichen Handlungen liegen länger als fünf Jahre zurück. Diese zeitliche Frist setzt das katholische Kirchenrecht.

Die zuständige Staatsanwaltschaft hat ihre Vorermittlungen im Herbst vergangenen Jahres bereits eingestellt, weil sie keinerlei strafrechtliche Relevanz gesehen hat. Im Oktober hatte eine Kirchensprecherin gegenüber dem DK betont: "Die Einstellung einer staatsanwaltschaftlichen Vorermittlung hat deshalb grundsätzlich keinen Einfluss auf eine kirchenrechtliche Voruntersuchung oder deren Fortführung. " Bis zur endgültigen Klärung aller Vorwürfe gilt für den Priester, der nach seiner dienstlichen Rückkehr aus Rom wichtige Aufgaben in der Bistumsleitung übertragen bekommen hatte, die Unschuldsvermutung. Er darf allerdings in seinem Heimatbistum weder öffentlich Gottesdienste feiern noch seine Ämter ausüben.

DK

Marco Schneider