Neuburg
Zwischen Schreibtisch und Kampfjet

04.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:11 Uhr

Das Cockpit ist sein Lieblingsarbeitsplatz: Schon als kleiner Junge träumte der gebürtige UImer davon, Kampfpilot zu werden. Seit 2013 ist er Oberst. - Foto: Luftwaffe

Was verbirgt sich hinter den meist verschlossenen Türen von Chef-Büros? Wir haben uns in der Region umgesehen - den Anfang der neuen Serie macht Holger Neumann, Kommodore des Neuburger Jagdgeschwaders.

Neuburg (DK) Zu seinem Arbeitsplatz zu kommen, ist gar nicht so einfach. Abgesehen davon gibt es im Grunde sogar zwei. Das eine Büro von Oberst Holger Neumann, Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg, ist in der Wilhelm-Frankl-Kaserne. An der Wache müssen Zivilisten erst einmal ihren Pass abgeben - und bekommen dafür einen Besucherausweis. "Passwechselverfahren" nennt sich das im Militärjargon. Wer hingegen zu Holger Neumanns anderem "Büro" möchte, dem wird es noch einen Tick schwerer gemacht. Noch nicht einmal alle Soldaten des Geschwaders haben Zugang zum nahe gelegenen Nato-Flugplatz. Hier ist das Reich der Eurofighter. Militärische Sperrzone. Obwohl der 48-jährige Kommodore in seiner Funktion als Chef des Geschwaders jede Menge andere Aufgaben hat, versucht er dennoch, so oft wie möglich im Cockpit zu sitzen. Wenn's gut läuft, dann funktioniert das zwei bis dreimal die Woche.

Kampfpilot - das wollte er schon als kleiner Bursche werden. Dass der Weg in den Jet schwer werden würde, das wusste er. Von den etwa 7000 Bewerbern schafften es seinerzeit nur 14 Männer vorne ins Cockpit eines Kampfjets. Seit 1989 ist Holger Neumann nun schon bei der Luftwaffe. Dass er seinen Arbeitsplatz hoch oben über den Wolken jemals dauerhaft für einen Schreibtisch eintauschen würde, das hätte er vermutlich selbst nicht geglaubt, hätte man ihm einst diesen Weg prophezeit. Und doch saß er viele Jahre lang nicht am Steuerknüppel. Ab 2001 absolvierte er den Generalstabslehrgang an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg - und damit begann der langsame Weg raus aus dem Flieger und rein ins Büro. "Die meisten Kampfpiloten sind damals mit 41 Jahren aus der Bundeswehr ausgeschieden", erklärt Holger Neumann. "Aber für mich ist Soldat sein kein Beruf, sondern Berufung." Er machte also weiter.

Im Anschluss arbeitete er im Verteidigungsministerium und war zwei Jahre lang militärischer Assistent des damaligen Oberbefehlshabers der Nato. Mit seiner Familie zog er damals nach Belgien um, alle sechs Wochen ging es nach Afghanistan. Das war 2007 - und es sollte sechs Jahre dauern, bis er wieder in ein Cockpit stieg. "Ich habe in der Zeit öfter in meinem Flugbuch gestöbert und bin in Erinnerungen geschwelgt", berichtet der Kommodore. Der erlösende Anruf kam Ende 2012: Neumann wurde die Stelle des stellvertretenden Kommodores in Neuburg angeboten. "Im fliegerischen Opa-Alter von 44 Jahren habe ich dann vom Tornado auf den Eurofighter umgeschult", erzählt er schmunzelnd.

Mittlerweile ist er der Chef des Geschwaders. Dass Neumann früher in der Schule neben Mathematik auch Kunst-Leistungskurs hatte, das sieht man seinem Büro nicht gleich an. Es sind eher seine beiden kleinen Töchter, die das Dienstzimmer mit bunten Bildern von ihrem Papa samt Kampfjet künstlerisch aufgewertet haben. Die Mädchen sind auch auf dem Mousepad des Kommodores zu sehen und zieren den Adventskalender aus dem vergangenen Jahr. Ein Schwarz-Weiß-Foto seiner Frau steht neben seinem Rechner. Das große Gemälde eines Eurofighters am Himmel hinter seinem Schreibtisch hat er ebenso von seinem Vorgänger übernommen wie das Kreuz über der Tür.

Und dann gibt es noch die eine oder andere Vorschrift, was in einem solchen Büro nicht fehlen darf: Neben der Truppenfahne sind das fünf Porträts, die über der Tür gegenüber Holger Neumanns Schreibtisch hängen. Ganz rechts hängt pünktlich seit dem 22. März Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Gleich daneben ist die "Ibuk" zu sehen. Das ist die "Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt": Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.