Münchner Notizen: Die Bayern-Kolumne

Von Alexander Kain

24.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:53 Uhr

Franz Josef Strauß, dieses Urgestein bayerischer Politik, wurde seinerzeit auch als der unheimliche Außenminister Deutschlands bezeichnet.

Grund: Strauß war ausgesprochen gerne in der Welt unterwegs, und wo er (als bayerischer Ministerpräsident) besondere Chancen für den Freistaat oder (als bundespolitisch aktiver CSU-Chef) für Deutschland ausmachte, da gab es für ihn kein Halten: Asien, Afrika, Südamerika - FJS war da. Dass das in aller Regel überhaupt nicht in die Linie des amtierenden Außenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP) passte, soll dem Vernehmen nach die Reisefreude bei Strauß zusätzlich erhöht haben.

Dass er dabei rund um den Globus nicht nur lupenreinen Demokratien seine Besuche abstattete, sondern auch zu Despoten, Diktatoren und Kommunisten einen persönlichen Draht fand, ist beachtlich. Legendär: Der Flug nach Moskau, Weihnachten 1987, bei dem Strauß selbst am Steuer des Klein-Jets saß und trotz Wintersturms und entgegen des Rates eines mitfliegenden Berufspiloten in der sowjetischen Hauptstadt landete. Edmund Stoiber und Theo Waigel, die Strauß damals begleiteten, zählen sich bis heute zu den Überlebenden jenes Fluges. Wie auch immer: Zum Erbe von FJS gehört, dass Bayern eigenständige auswärtige Beziehungen pflegt.

Besonders strahlend neben der Berlin-Liegenschaft (Bundesrat): Die bayerische Vertretung in Brüssel, direkt neben dem EU-Parlament - eine Liegenschaft, um die selbst Mitgliedsstaaten uns Bayern beneiden. Doch eigene Büros, wenngleich deutlich kleiner und unbedeutender, unterhält Bayern heute auch in den USA (San Francisco, New York), in Kanada (Montreal), Mexiko (Mexiko Stadt), für Chile, Argentinien, Kolumbien und Peru (in Santiago de Chile), in Brasilien (Sao Paolo), quer durch Europa (Warschau, Prag, Zürich, Wien, Bukarest, Budapest, Sofia und Zagreb), in Russland (Moskau), der Ukraine (Kiew), in der Türkei (Istanbul), Israel (Tel Aviv), in den Vereinigten Arabischen Emiraten (Abu Dhabi), in Indien (Bangalore), in China (Qingdao, Shenzen und Chengdu), in Japan (Tokio), in Vietnam (Ho-Chi-Minh-Stadt) sowie in Südafrika (Johannesburg).

Kürzlich eröffnete Ministerpräsident Markus Söder höchstselbst ein Büro in Äthiopien (Addis Abeba), und er liebäugelt mit einem weiteren Büro - in London, um für das Nach-Brexit-Britannien gewappnet zu sein. Nun muss man wissen: Häufig gibt es vor Ort nur weiß-blaue Halbtagsstellen mit einem kleinen (oft bei einer deutschen Außenhandelskammer eingemieteten) Mini-Büroraum (immerhin mit Bayernflagge ausgestattet, dazu gibt es einem Stapel bayerischer Visitenkarten). Womöglich mehr Show als Schlagkraft? Es wird Zeit, all die Bayern-Büros mal auf den Prüfstand zu stellen, nach dem Motto: Entweder gescheit oder gar nicht.