München
Sturm tobt über Bayern

31.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:28 Uhr

 

München/ Ingolstadt (DK) Umgestürzte Bäume, umgekippte Lastwagen und abgedeckte Dächer: Das Orkantief „Niklas“ hat gestern in Bayern gewütet. Feuerwehr und Polizei waren im Dauereinsatz – auch in der Region. Der Bahnverkehr wurde weitgehend lahmgelegt.

Der Fernverkehr der Deutschen Bahn (DB) wurde am Nachmittag eingestellt. Bei den Regionalbahnen waren einzelne Strecken gesperrt. Der Münchner Hauptbahnhof wurde am Nachmittag wegen Orkanschäden geräumt. Dort hatten sich Dachfenster durch den Sturm verschoben und drohten herabzustürzen.

Bei Pegnitz in Oberfranken fuhr ein mit 140 Passagieren besetzter DB-Regionalexpress auf im Gleis liegende Baumstämme. Der Lokführer und ein Bahnmitarbeiter wurden leicht verletzt. Im Allgäu wurden ebenfalls zwei Menschen verletzt – einer von herabfliegenden Baumteilen, der zweite, als ein Baum auf sein Auto krachte. Auch im übrigen Bayern gab es Verletzte durch herumfliegende Äste.

Zwischen München und Freising konnte gegen Mittag ein Alex-Zug nicht weiterfahren, weil ein brennender Baum eine Oberleitung beschädigt hatte. Im Münchner S-Bahn-Verkehr fuhren am Nachmittag nur noch zwei Linien, heute müssen Pendler vor allem im morgendlichen Berufsverkehr erneut mit erheblichen Einschränkungen rechnen.

Umgestürzte Bäume führten auch zu zahlreichen Stromausfällen. Nach Angaben der Bayernwerk AG waren Oberbayern und die Oberpfalz besonders betroffen.

Auf der 2962 Meter hohen Zugspitze wurden nach Angaben eines Wetterbeobachters am Mittag Böen mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 192 Kilometern pro Stunde erreicht. In den Alpen wurden viele Skigebiete dicht gemacht. Es herrschte zudem Lawinengefahr. Die Tierparks in München, Nürnberg und Augsburg schlossen kurzfristig. Die Schlösserverwaltung riet wegen der Gefahr abbrechender Äste von einem Besuch der bayerischen Gärten und Parks dringend ab.

Feuerwehr, Polizei und Technisches Hilfswerk waren im Dauereinsatz. Allein in München rückte die Feuerwehr bis zum Nachmittag mehr als 900 Mal aus. Im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord lautet die Bilanz bis zum Mittag: 342 umgestürzte Bäume auf Straßen, Häuser, Stromleitungen und in Gärten, 15 Verkehrsunfälle, bei denen Autos in umgestürzte Bäume krachten oder Bäume auf Autos fielen, 22 umgewehte Lastwagenanhänger, Kleinlaster oder Pkw-Anhänger.

In Ingolstadt wurde das Dach eines Hotels nahezu komplett abgedeckt, die vorbeiführende Goethestraße musste zeitweise gesperrt werden. Im Landkreis Roth wurde ein Lkw-Fahrer leicht verletzt, nachdem ein Baum auf das Führerhaus gestürzt war. In Prunn bei Riedenburg stürzte ein Baum auf ein Haus, in Hörzhausen bei Schrobenhausen kippte ein alter Birnbaum auf ein Gebäude. Am Abend fasste ein Polizeisprecher zusammen: „Ingolstadt und die Region sind glimpflich davongekommen.“

In Grainau bei Garmisch-Partenkirchen riss der Sturm einen Baum in die Loisach, wo gerade eine Gruppe von Kajakfahrern trotz des heftigen Unwetters unterwegs war. Zwei Männer wurden von dem Baumstamm verletzt, einer davon schwer.

Besonders schlimm wütete der Orkan zunächst in Schwaben und Oberbayern. „Kaum ist der eine Baum aufgeräumt, stürzt der nächste um“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. In München stürzte ein Bauarbeiter wegen einer Orkanböe vom Gerüst und verletzte sich leicht. An einer Münchner Kreuzung mit einer besonders windanfälligen Schneise wurden mehrere Menschen vom Sturm einfach zu Boden gerissen.

In Kaufbeuren wurde das Dach eines Supermarktes teilweise weggerissen. In Erlangen löste sich ein Steinkreuz von einer Kirche und zerstörte das Dach des Gotteshauses.

Auf Autobahnen und vielen anderen Straßen gab es Behinderungen – nicht nur wegen umgestürzter Bäume. Fahrzeugteile und Verkehrsschilder wurden über die Fahrbahnen gepustet. Auf der A 9 Nürnberg-München wehte eine Sturmböe einen Lastzug bei Neufahrn regelrecht um. Auf der A 93 beim oberpfälzischen Pentling drehte der starke Wind einen 7,5-Tonner gar um 180 Grad. Beide Fahrer wurden leicht verletzt.

Glück im Unglück hatte ein Autofahrer, den bei Kelheim ein dringendes Bedürfnis überkam. Er fuhr in ein Waldstück, weil er bieseln musste. Kaum hatte er seinen Wagen verlassen, riss der Sturm einen Baum um, und der fiel prompt auf das Auto. Der Mann blieb unverletzt, wie das Polizeipräsidium in Straubing berichtete. „Das war knapp“, meinte ein Polizeisprecher.