München
Fußball-EM 2020: Knallharte Verträge

22.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:23 Uhr

München (DK) Einseitige Lastenverteilung, auffällige Sonderwünsche: die Verträge, die Europas Fußballverband Uefa München bei der EM-Bewerbung für 2020 abverlangt, sind ähnlich dreist wie die des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Stadtspitze und Staatsregierung sehen es gelassen.

Im Münchner Olympiapark soll 2020 die Fan-Party steigen. Dort soll es Musik, Stände und andere Attraktionen geben. Mittags wird geöffnet, abends, wenn alle feierwütigen Anhänger weg sind, wird aufgeräumt. Die kalkulierten Kosten: 2,4 Millionen Euro. Zu zahlen von der Stadt München. Gewinnmöglichkeiten: keine. Leider bestehe „keine Möglichkeit der Refinanzierung, da alle Rechte bei der Uefa liegen“, heißt es in einer nicht öffentlichen Beschlussvorlage des Münchner Sportamts, die Ende Juli im Stadtrat behandelt wurde.

So geht es einer Stadt, die Austragungsort der Fußballeuropameisterschaft 2020 sein möchte. Das Turnier wird in 13 Ländern Europas stattfinden – zum ersten Mal in der Geschichte des Turniers. München bewirbt sich als Kandidat des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB). Mit ganz viel Glück könnten die Halbfinals und das Finale in der Stadt gespielt werden. Wahrscheinlicher sind aber drei Gruppenspiele und ein Achtel- oder Viertelfinale.

Die Bewerbung kommt zu einer Zeit, da viele Münchner eigentlich nicht gut auf die großen Sportverbände zu sprechen sind. Die Pläne für eine Olympiabewerbung haben sie gerade in einem Bürgerentscheid jäh gestoppt. Einer der Hauptgründe war offenbar die Unzufriedenheit mit den einseitigen Vertragsbedingungen des IOC. Von „Knebelverträgen“ war die Rede. Oberbürgermeister Christian Ude bezeichnete sie als „Zumutung“. Die Uefa-Verträge dürften aber kaum angenehmer sein.

Die zu akzeptierenden Regelwerke seien „äußerst einseitig zugunsten der Veranstalter ausgestaltet“ und „mit den Bewerbungsunterlagen für Olympische Spiele vergleichbar“, heißt es in der Vorlage. So sei der Verband von allen Haftungsansprüchen bezüglich der Sicherheit freigestellt. Die Möglichkeiten über Sponsoring Geld zu verdienen, seien „durch die Uefa stark limitiert, da sämtliche Vermarktungsrechte bei ihr liegen“. Verhandlungen seien zwecklos, wenn man seine Chancen auf den Zuschlag nicht dramatisch verschlechtern wolle. Doch nicht nur die Stadt müsste sich fügen, sondern auch Bund und Land. Wie das IOC verlangt die Uefa für ihre Gewinne Steuerfreiheit.

Neben dem Fan-Fest müsste die Stadt zum Beispiel auch kostenlose Bus- und Bahnfahrten für alle Ticketinhaber garantieren. Dafür kalkuliert das Sportamt eine knappe Million Euro. Hinzukommt die kostenlose Bereitstellung von Werbeflächen, ein Bus-Shuttle und ein Nachhaltigkeitskonzept nach Uefa-Richtlinien. Offenbar hatte der Verband auch vorgeschlagen, die offiziellen Fan-Zonen doch bitte rauchfrei zu gestalten – auch unter freiem Himmel. Nur so als Anregung, nicht verpflichtend.

Die Partner der Münchner EM-Bewerbung nehmen die Bedingungen eher gelassen. Ein Bürgerentscheid, wie bei der Olympiabewerbung, gilt als ausgeschlossen – auch wegen der überschaubaren Größe des Ereignisses in der Stadt. „Das ist eine ganz andere Dimension“, sagt die für Sport zuständige zweite Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD). Da könne man „über das eine oder andere eher hinwegsehen“. Trotz der Vertragsbedingungen dürfe München sich nicht aus dem internationalen Sport verabschieden, sagt Sportamtschef Thomas Urban. Trotzdem hoffe er auf ein Umdenken bei IOC, Fifa und Uefa. „Veränderung durch Dabei sein“ – das müsse das Motto sein.

Auch in der Staatskanzlei sieht man keinen Grund, die Bewerbung infrage zu stellen. Ende August hatte sich Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ausdrücklich hinter die Bewerbung gestellt. Dabei bliebe es auch, sagt ein Sprecher der Regierungszentrale. Und der DFB ist ohnehin längst einen Schritt weiter gegangen. Der Verband gab kürzlich bekannt, dass Deutschland sich für die EM 2024 bewerben will – diesmal als alleiniges Austragungsland.

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