München
Ein Anruf zuviel

CSU-Sprecher Strepp muss gehen – und die Opposition nimmt Parteichef Seehofer ins Visier

25.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:54 Uhr
Der bayerische Ministerpraesident Horst Seehofer (rechts) und CSU-Sprecher Hans Michael Strepp −Foto: Timm Schamberger (dapd)

München (DK) Sein angeblicher Drohanruf beim ZDF kostet CSU-Sprecher Hans Michael Strepp den Job. Aber hat Parteichef Horst Seehofer die Affäre damit ausgestanden? Nein, natürlich nicht – sagt die Opposition.

Dass  eehofer im bayerischen Landtag das Wort ergreift, ist – abgesehen von Regierungserklärungen – ein seltener Vorgang. Gestern konnte er nicht anders. Der CSU-Chef musste persönlich Stellung nehmen zu der Affäre um den Anruf beim ZDF, die den Parteisprecher Hans Michael Strepp nun das Amt gekostet hat.

Strepp soll mit einem Drohanruf in der „heute“-Redaktion des ZDF am Sonntag versucht haben, einen Bericht über den bayerischen SPD-Parteitag zu verhindern. Der 44-Jährige bestreitet das nach wie vor. Doch auch das ZDF bleibt bei seiner Darstellung.

Und weil damit weiterhin Aussage gegen Aussage steht, bleibt – so sagt es Seehofer – nichts anderes übrig, als dass Strepp seinen Posten räumt. Das passiert um die Mittagszeit. Seehofer eilt noch einmal aus der Landtagssitzung, um ein zweites Mal an diesem Tag mit Strepp zu reden. Der Sprecher sei schließlich die Schnittstelle zu den Medien, deshalb könne er seinen Job unter den Umständen nicht weiterführen, sagt Seehofer nachher. Und fügt hinzu: „Ich danke ihm auch für diese Größe, die er hier durch diesen Schritt zeigt.“

Für die Opposition freilich ist Strepp nur ein Bauernopfer. Aus allen Rohren schießen sich SPD und Grüne nun auf Seehofer ein, aber auch auf CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Nach dem Motto, es könne doch gar nicht sein, dass ein so korrekter Mann wie Strepp derart eigenmächtig gehandelt habe.

„Wir wollen wissen, wer die Verantwortung für den Anruf des Pressesprechers trägt“, betont SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. „Horst Seehofer will den Blick in den Sumpf verhindern“, sagt SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert von Seehofer „mindestes eine öffentliche Entschuldigung“. Der CSU-Chef sei „für ein Klima verantwortlich, in dem Spitzenmitarbeiter meinen, solche Aktionen starten zu können“, erklärt Gabriel ebenfalls gegenüber unser Berliner Redaktion.

In München sagt Bayerns SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher, man habe es „mit einer handfesten Causa Horst Seehofer zu tun“. Auch Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause meint: „Es geht hier um den Chef des Herrn Strepp.“

Nach einer hitzigen Debatte mit vielen Zwischenrufen und viele Gejohle geht dann Seehofer ans Rednerpult. Und sagt dort noch einmal das, was er draußen vor dem Saal schon in die Kameras gesagt hat. Dass der Rücktritt Strepps unvermeidlich gewesen sei – und dass natürlich niemand in der CSU-Spitze dem CSU-Sprecher am Sonntag die Anweisung zu dem Anruf gegeben habe. „Bitte vermengen Sie jetzt nicht die Causa Strepp mit mir“, bittet der Ministerpräsident die Opposition – freilich völlig vergeblich.

Die bayerische Opposition nämlich wittert wieder Morgenluft. Vergessen sind die jüngsten Umfragen, in denen SPD, Grüne und Freie Wähler (FW) zusammen zehn Prozentpunkte hinter der CSU liegen. An diesem Nachmittag geht es in aller Schärfe gegen Seehofer und die CSU. Rinderspacher schimpft, der CSU gehe es nur um den Machterhalt in Bayern – und da sei ihr jedes Mittel recht. FW-Chef Hubert Aiwanger kritisiert: „Das System CSU schadet der Demokratie und schadet Bayern.“ Und die Grünen-Politikerin Bause sagt zur CSU: „Sie haben Angst – sonst müssten Sie nicht so handeln.“

Seehofer ahnt jedenfalls, dass die Sache für ihn und seine Partei noch nicht ausgestanden ist. „Ich glaube nicht, dass das Thema jetzt auf Knopfdruck erledigt ist“, sagt er. „Das würde jeder Lebenserfahrung widersprechen.“