München
Schulpflicht auch für Kinder aus dem Kosovo

Kultusministerium lenkt wegen drohender Niederlage vor Gericht ein

31.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:44 Uhr

München/Manching (DK) "Wer die altersmäßigen Voraussetzungen erfüllt (...), unterliegt der Schulpflicht", heißt es in Artikel 35 des bayerischen Unterrichtsgesetzes. Und weiter ist dort zu lesen, die Schulplicht beginne auch für Asylbewerber "drei Monate nach dem Zuzug aus dem Ausland".

Genau dies werde in den sogenannten Abschiebezentren in Manching und Bamberg aber ignoriert, kritisiert der Unterhachinger Anwalt Franz Bethäuser. In einem konkreten Fall hat die Staatsregierung nun nachgegeben und drei Jugendlichen aus dem Kosovo im Alter von 15 und 18 Jahren, die in der Manchinger Einrichtung leben, den Zugang zu Regelschulen gestattet.

Das geschah allerdings nicht freiwillig, wie Bethäuser betont. Obwohl die Familie seit mehr als einem Jahr in Deutschland lebe, habe das Schulamt den Regelschulbesuch mehrfach mit verschiedenen Begründungen abgelehnt. So habe das Amt sowohl auf eine EU-Richtlinie verwiesen, die die Einschränkung der Beschulung von Asylbewerbern erlaube, als auch auf das geplante Integrationsgesetz. "Aber die Richtlinie wurde nie in nationales Recht umgesetzt und das Gesetz ist noch nicht verabschiedet", sagt Bethäuser.

Deshalb ist der Anwalt vor dem Verwaltungsgericht München mit einem Eilantrag gegen die Nicht-Zulassung zur Schule vorgegangen. Bevor es zu einer Entscheidung kam, hat das Kultusministerium den drei Kosovarinnen den Schulbesuch nun gestattet. Offenbar habe das Ministerium einer Niederlage entgehen wollen, weil man auch in München wisse, dass die derzeitige Praxis rechtlich nicht haltbar sei, vermutet Bethäuser. Im Rückführungszentrum erhalten Kinder deutlich weniger Unterricht als an normalen Schulen. Nach Angaben des Ministeriums sind es pro Woche rund zwölf Unterrichtsstunden.

Die Kehrtwende im Fall der drei Kosovarinnen könnte auch Auswirkungen auf weitere Kinder und Jugendliche haben, glaubt Bethäuser. Auch andere Betroffene in Manching hätten Anspruch, in die Schule zu gehen. Das Kultusministerium spricht dagegen von "drei Einzelfällen, in denen Schulpflicht bestand". Künftig werde die Schulpflicht durch das ab heute im Landtag behandelte Integrationsgesetz für Kinder in Rückführungszentren ausgesetzt. Nach Informationen unserer Zeitung handelt es sich entgegen der Darstellung des Ministeriums aber keineswegs um Einzelfälle. Viele Familien sind demnach in der gleichen Situation, dass sie bereits länger als drei Monate in Deutschland leben und die Kinder damit nach geltendem Recht schulpflichtig sind. Oftmals haben die Kinder vor der Unterbringung in Manching sogar schon eine Regelschule besucht.

Grünen-Fraktionschefin Mar- garete Bause kritisierte: "Hier werden Kindergrundrechte rücksichtslos mit Füßen getreten." In Manching und Bamberg werde die UN-Kinderrechtskonvention missachtet.