München
Auf die Kompetenz kommt es an

Bayerische Wirtschaft zufrieden mit Pilotprojekt zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen

06.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:20 Uhr

München (DK) Die Vermittlung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist schwierig. Die bayerische Wirtschaft zeigt sich dennoch zuversichtlich. Neben der deutschen Sprache ist die Identifizierung von Kompetenzen entscheidend.

Die Coburger Firma Kaeser Kompressoren hat einiges zur Integration von 21 Flüchtlingen in ihre betriebliche Ausbildung unternommen. Neue Räume und Geräte, ein eigenes Wohnheim, mehr Ausbilder, ein Deutschlehrer und vor allem eine gezielte Auswahl der Azubis nach mehrwöchigen Praktika, zählt Ausbildungsleiter Rüdiger Hopf auf. Aber der Aufwand habe sich gelohnt. "Es sind alle noch an Bord", kein Asylbewerber habe die Ausbildung bisher abgebrochen.

Für so viel Engagement gibt es entsprechendes Lob vom Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt. Kaeser Kompressoren sei ein Leuchtturm der vbw-Projektreihe "Integration durch Ausbildung und Arbeit" (IdA). "Das sind Bestbedingungen", sagt er.

Allerdings gibt es eben nicht in jedem Betrieb ideale Voraussetzungen. Und so liest sich die Gesamtbilanz des Projekts "IdA Bayern Turbo", die Brossardt gestern vorgestellt hat, auf den ersten Blick ernüchternd. Ziel des Ende Februar abgeschlossenen Programms war es, Asylbewerber innerhalb von sechs bis acht Monaten fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Gelungen ist das innerhalb des Projektzeitraums bei 28 Prozent der 1015 Teilnehmer. 286 Flüchtlinge konnten durch Deutschkurse, eine genaue Analyse ihrer Kompetenzen und Praktika letztlich in eine Ausbildung, ein Studium, eine Beschäftigung oder eine Einstiegsqualifizierung der Arbeitsagentur vermittelt werden. 299 Teilnehmer haben das Qualifizierungsprogramm dagegen vorzeitig wegen eines Umzugs, Überforderung oder ihrer Abschiebung abgebrochen.

Die Vermittlungsquote von 28 Prozent sieht Brossardt aber aus mehreren Gründen nicht als Enttäuschung. So sei das Projekt von Beginn an sehr ambitioniert gewesen. Teilweise traumatisierte Flüchtlinge aus 40 verschiedenen Ländern innerhalb eines halben Jahres für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, sei sehr ehrgeizig. Von jenen, die das Programm abgeschlossen haben, seien immerhin 40 Prozent vermittelt worden. Im Vergleich zu anderen Bundesländern und Programmen, bei denen die Integrationsquote in der Regel etwa zehn Prozent betrage, sei "IdA Bayern Turbo" ein großer Erfolg, sagt Brossardt. Zudem seien Vermittlungen auch nach dem Projektabschluss nach wie vor möglich. Tatsächlich waren beim Vorgängerprojekt "IdA 120" die Integrationsquoten am Ende des Projektzeitraums ähnlich. Nur 30 Prozent der Teilnehmer waren zunächst vermittelt worden. Im Nachgang kamen aber noch einmal viele hinzu, so dass die Quote letztlich nach vbw-Angaben auf 80 Prozent stieg.

Aus "IdA Bayern Turbo" zieht Brossardt vor allem einen Rückschluss: Der Erwerb der Sprache sei sehr wichtig für den Einstieg ins Berufsleben, sagt er. Ebenso entscheidend sei aber, die gezielte Kompetenzfeststellung der Flüchtlinge. "Das ist der Dreh- und Angelpunkt", sagt der vbw-Geschäftsführer. Um die Fähigkeiten und Interessen von Bewerbern zu ermitteln, müssten standardisierte und systematische Verfahren und praktische Berufsorientierungen geschaffen werden. Zudem lasse sich die Integration in Arbeit durch enge Betreuung verbessern. "Hohe persönliche Betreuung führt zu Erfolg", sagt er.

Bayern sieht er dabei auf einem hervorragenden Weg. Das Ziel, bis Ende vergangenen Jahres 20 000 Flüchtlinge in Praktika oder Beschäftigungen zu bringen, sei um das Dreifache überschritten worden. 30 500 Flüchtlinge hätten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen. "Das ist ein bayerisches Statement", so Brossardt.