Thalhof
Mehr Platz fürs Schwein

Außenklimaställe ermöglichen eine artgerechte Tierhaltung - Seminar in Pfaffenhofen

12.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:26 Uhr
Keine Spaltböden, frisches Stroh als Unterlage und ausreichend Platz - im Außenklimastall der Familie Weichselbaumer aus Thalhof haben die Tiere ausreichend Platz. −Foto: Richter

Thalhof (DK) Sie wirken ausgeglichen, ruhig und zufrieden.

Die rund 500 Schweine am Bauernhof von Barbara und Michael Weichselbaumer leben in einem Außenklimastall, zwar mit Dach über dem Kopf und geschützten Schlafboxen als Rückzugsmöglichkeit, aber ansonsten an der frischen Luft. Und sie scheinen es zu genießen. Im Sommer gibt es eine Dusche, und selbst an kalten Novembertagen wie zuletzt halten sie sich viel lieber draußen auf, statt sich in die Kojen zu verkriechen. Ausreichend Platz, Beschäftigungsmöglichkeiten und natürliches, nahezu zu 100 Prozent selbst produziertes Futter sorgen für gesunde und robuste Tiere. "Es gibt uns ein gutes Gefühl zu sehen, dass sie sich wohl fühlen", sagen die Eheleute aus Thalhof im Landkreis Pfaffenhofen.

Dabei hatten die beiden anfangs gezögert, das Projekt anzugreifen. "Tut es nicht, das funktioniert nicht", rieten Kollegen und andere. Auch Vater Weichselbaumer - er hatte den Hof 2002 an den Sohn übergeben - gab sich erst skeptisch, kannte er die Schweinemast doch nur in Form konventioneller Haltung. "Heute denkt er anders und hat sich mit dem Außenklimastall angefreundet. Er zeigt ihn seinen Freunden gerne her", sagt Michael Weichselbaumer. Vor drei Jahren ließ er den Stall bauen, seit März 2017 wachsen dort Schweine heran. "Schade eigentlich, dass wir das nicht schon früher gemacht haben. " Abgebissene Schwänze oder gestörtes Verhalten, wie in der Massentierhaltung oft gesehen, gibt es hier nicht. "Wir sparen uns sogar die vorbeugende Antibiotikabehandlung, wenn die Ferkel zu uns kommen. " Weniger Medikamenteneinsatz, auch das ist ein Argument für diese Form der Schweinehaltung.

Der Außenstall der Weichselbaumers entspricht im Wesentlichen den Forderungen von Provieh, einem Verein, der sich seit 1973 den Schutz von Nutztieren auf die Fahnen schreibt. Statt dunkler enger Ställe fordert Provieh eine Strohunterlage und strukturierte Buchten, Wasser aus offenen Flächen, eigene Bereiche fürs Schlafen und Füttern, einen Kotplatz, genug Raufaser zum Fressen und Wühlen, Außenklimareize und freie Abferkelung ohne Kastenstände. "Wir kämpfen gegen die Behandlung von Tieren als bloße Produktionseinheiten und fordern, die Haltung an den Bedürfnissen der Tiere auszurichten", sagt Provieh-Mitglied und Tierarzt Henning von Lützow aus Allershausen. Das Ziel: weg von industrieller Massentierhaltung.

Der Verein veranstaltet heute in Kooperation mit Slow Food, der Genußgemeinschaft Städter und Bauern sowie der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ein Tagesseminar in Pfaffenhofen zum "Umbau der Schweinehaltung" im Sinne artgerechter Tierhaltung. Eine Station ist dabei der Weichselbaumer-Hof. "Wir wollen alle Akteure im konstruktiven Dialog zusammenbringen, Natur- und Tierschützer, Bauern, Metzger, Behörden, Politik und alle, die sonst eine Rolle spielen", sagt von Lützow. Die Teilnehmerrunde erhalte Tipps zu Fördermöglichkeiten, Tiergesundheit, praktischen Fragen der artgerechten Haltung und Informationen zur Vermarktung.

Das Ganze steht und fällt mit den Metzgern und letztlich den Verbrauchern, "Ich kenne einige Bauern, die auf Außenklimaställe umsteigen würden, wenn sie Abnehmer für die Tiere hätten. Das Fleisch liegt preislich zwischen konventionell und biologisch produzierter Ware, ist also etwas teurer", sagt Michael Weichselbaumer. Er selbst hat mit dem Ingolstädter Metzger Joseph Huber einen zuverlässigen Partner gefunden. "Das macht zwar alles mehr Arbeit, aber den Schweinen geht es gut, und das ist für uns ein Ansporn. "
 

Horst Richter