"Auf meinem Kinderspielplatz schließt sich der Kreis"

31.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:46 Uhr
  −Foto: Markus Wasmeier

Was ist Ihr Lieblingsplatz? Wir haben für unsere Sommerserie bekannte Bayern gefragt, wo sie sich besonders wohlfühlen - und warum. Die Antworten sind so vielfältig wie der Freistaat.

In meiner Fantasie war ich der Indianer, der stürmisch durch den Wilden Westen peitschte - doch in echt war ich im oberbayerischen Schliersee und kraxelte wagemutig auf alten Bäumen herum. Ganz für mich allein. Mit meinen Gedanken und mit der Natur. Das hat alles in meinem Kopf stattgefunden. Da hat man kein Auto gehört und der Trubel des Alltags war weit entfernt. Mein Lieblingsplatz, das ist ein kleines Fleckchen Erde am Waldrand, zehn Minuten zu Fuß von meinem Elternhaus entfernt. Mein Spielplatz. Doch da waren keine Rutsche und keine Schaukel, kein Sandkasten und auch sonst kein Spielgerät. Nur ein kleines Wasserl und die Bäume, auf denen ich immer geklettert bin.
Im beschaulichen Schliersee im Landkreis Miesbach bin ich als Einzelkind aufgewachsen. Meine Freunde waren im Hauptort beheimatet, im Gemeindeteil Neuhaus, wo meine Eltern wohnten, war ich meist für mich allein. Nur manchmal, da war meine Mutter mit mir in der Natur. Es kam vor, dass Spaziergänger am Waldrand vorbeigekommen sind und gefragt haben, ob ich denn ganz alleine da bin. Da habe ich dann in die Äste geschaut und auf meine Mutter gezeigt, die da oben im Dirndl saß. Das war ihr dann manchmal peinlich.

Doch schon bald war es vorbei mit der ländlichen Ruhe des Voralpenlandes. 18 Jahre lang war ich etwa 300 Tage im Jahr als Ski-Profi in der ganzen Weltgeschichte unterwegs. Mit 31 bin ich nach Schliersee zurückgekommen und habe meine Heimat auf einmal mit ganz anderen Augen gesehen. Einige Häuser standen kurz vor dem Verfall, da setzte meine Fantasie wieder ein. Das durfte nicht verloren gehen. Ich erinnerte mich an meinen alten Kinderspielplatz und kaufte das Grundstück. Noch heute erkenne ich die tiefen Äste, auf denen ich gekraxelt bin. Dort habe ich die alten Häuser wieder aufbauen lassen. Heute ist aus dem Areal ein Freilichtmuseum geworden, unter anderem mit einer historischen Bäckerei, einer Schnapsbrennerei und einer Bierbrauerei. Aus meinem Kinderspielplatz ist ein Spielplatz für meine drei Söhne und einen fast 55-Jährigen geworden. Es ist für mich jeden Tag aufs Neue der Wahnsinn, diese Landschaft mit allen Sinnen genießen zu dürfen. Hier schließt sich der Kreis.