Lenting
Sein Mörder ist noch immer frei

Der grausame Tod des Köschinger Postbeamten Manfred Deindl bleibt auch nach 20 Jahren ungeklärt

20.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:17 Uhr

Lenting (DK) Wer hat Manfred Deindl umgebracht? Diese Woche jährt sich das Verbrechen an dem 46-jährigen Postbeamten aus Kösching (Kreis Eichstätt) zum 20. Mal. Der Täter ist bis heute nicht gefasst. Doch Mord verjährt nie, und vielleicht gibt es einen Mitwisser, der den entscheidenden Tipp geben kann.

Die Familie des Köschingers brauchte sehr lang, um mit dem Schicksalsschlag einigermaßen klarzukommen. Der Jahrtag am 19. September reißt jedoch immer wieder alte Wunden auf. "Da ist es immer wieder besonders schwer", sagt die Witwe des Ermordeten. Sie war es, die den Mann damals im Lentinger Postamt tot aufgefunden hatte. Manfred Deindl (Bild) hatte an jenem Donnerstag im Lentinger Postamt gearbeitet. Es war sein letzter Tag in dieser Dienststelle vor seiner geplanten Versetzung nach Ingolstadt-Oberhaunstadt.

Der Köschinger galt als gewissenhafter Beamter und wollte seinen Arbeitsplatz sauber übergeben. Als überaus akkurat beschrieb ihn auch seine Frau. Mittags war er kurz zum Essen heimgekommen, gegen 13 Uhr verließ er das Haus wieder. Auf dem Weg nach Lenting wollte er ein wenig Geld abheben, um nach Feierabend noch einkaufen zu gehen. Was danach passierte, bleibt auch 20 Jahre danach rätselhaft. Gegen 15 Uhr erhielt Deindls Frau einen Anruf von Kollegen ihres Mannes, dass das Postamt noch immer geschlossen sei. Sie ging nachschauen und entdeckte den Toten. Den Anblick hat sie bis heute nicht verwunden.

Für die Polizei begannen die Ermittlungen unter äußerst ungünstigsten Bedingungen. Der Notarzt war zunächst von einem Blutsturz als Todesursache ausgegangen, bekam dann aber doch Zweifel. Als endlich jemand die Kripo Ingolstadt verständigte, hatten etliche Postbedienstete und Neugierige viele Spuren unbeabsichtigt verwischt. "Uns war dann ziemlich schnell klar, dass hier ein Gewaltverbrechen vorlag", sagt einer der Beamten, die zuerst im Postamt an der Ernst-Rauwald-Straße eintrafen. "Die Strangulationsmale am Hals waren recht deutlich zu sehen."

Der Mörder hatte Manfred Deindl mit einer Paketschnur erdrosselt. Der Postbeamte hatte offenbar heftig um sein Leben gekämpft, die Schnur hatte sich tief in seine Hand eingeschnitten, als er den Angriff abwehren wollte. Aus dem Tresor des Postamts waren umgerechnet knapp 11 000 Euro verschwunden. Ein Raubmord.

Doch wer ist der Täter? Oder gibt es gar zwei? Die Kriminalpolizei Ingolstadt erfuhr bei ihren Recherchen von einem mysteriösen Unbekannten, der vor der Tat etwa fünfmal im Lentinger Postamt erschienen war und nach Kontaktlinsen fragte. Ob er die Sehhilfen dort verloren hatte oder auf ein Paket wartete, blieb offen. Manfred Deindl kam die Sache jedenfalls seltsam vor. "Überfall. 2. Versuch", notierte er in einer Vorahnung auf einen Zettel. "Er hat das auch mindestens zweimal im Hauptpostamt Ingolstadt gemeldet", sagte seine Frau. Zeugen berichteten zudem von einem zweiten Mann, der sich auffällig um die Post herumgetrieben hatte.

Obwohl die Kripo gründliche Arbeit leistet, kommt sie nicht weiter. "In manchen Fällen kriegt man einfach nicht die richtigen Spuren oder Zeugen", sagt ein mit den damaligen Ermittlungen betrauter Beamter. "So etwas lässt einem aber keine Ruhe." Mehrmals war der Fall neu aufgerollt worden, ohne Erfolg. Auch eine Fernsehfahndung half nicht weiter. Aber es gibt DNA-Spuren, vom Erkennungsdienst gesichert und in eine zentrale Datenbank eingegeben. "Das wird ständig abgeglichen, wenn etwa Neues dazukommt", sagt Jürgen Staudt von der Staatsanwaltschaft Ingolstadt.

Aber ist der Mörder tatsächlich der große Unbekannte? Oder vielleicht doch im Kollegen- oder Bekanntenkreis zu suchen? Jemand, der wusste, was im Tresor steckte? "Die meisten Tötungsdelikte sind Beziehungstaten", sagt die Polizei. Wenn es vielleicht Mitwisser gebe, bestehe die Chance, den Lentinger Mord doch zu klären. Ein kleiner Hinweis, um das eigene Gewissen zu entlasten, würde schon genügen.