Leid der Schweine beenden

Aktionstag gegen Kastenstandhaltung - Pfaffenhofener Veterinär spricht von "Tierquälerei pur"

29.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:50 Uhr
  −Foto: Richter/Büttner, dpa

Pfaffenhofen - Die Kritiker sprechen von "Befruchtungsgefängnissen", von grausamen und qualvollen Zuständen.

 

Die Rede ist von der Sauenhaltung in Kastenständen - darunter versteht man Boxen aus Stahlstangen, in denen Mutterschweine viele Wochen ihres Lebens unter beengten Verhältnissen verbringen müssen. Zwar schreibt die Tierschutznutztierhaltungsverordnung vor, dass das Borstenvieh so viel Platz haben muss, dass es Beine und Kopf ausstrecken kann, doch dieser Passus soll abgeschafft werden. An diesem Samstag protestieren rund 30 Organisationen und Parteien - darunter die Grünen und die ÖDP - in einer Online-Aktion gegen diese "Legalisierung von Tierquälerei", wie der Pfaffenhofener Henning von Lützow sagt. Der Tierarzt kämpft als Vertreter von Provieh für eine tiergerechtere Schweinehaltung. Das Motto des bundesweiten Protestes lautet "#LasstDieSauRaus".

Als Initiator der Aktion gilt die Deutsche Tier-Lobby. Ein Kastenstand sei nicht einmal groß genug, dass sich die Tiere darin umdrehen können, heißt es dort. Nahezu zwei Millionen Mutterschweine würden in Deutschland jedes Jahr in fast körperenge Kastenstände gesperrt, künstlich besamt und anschließend vier Wochen in den Metallgefängnissen gehalten - unfähig, mit den Artgenossen im Stall Kontakt aufzunehmen oder sich zu beschäftigen, seien sie ihrem Schicksal in völliger Unbeweglichkeit ausgeliefert. Das könne zu massiven Verhaltensauffälligkeiten führen, etwa dass die Tiere sich die Nasen an den Metallstangen blutig schlagen. Nach dem Abferkeln würden sie erneut in Metallkörbe gesperrt, um den Nachwuchs nicht zu erdrücken. "Insgesamt verbringen die Tiere so die Hälfte ihres Lebens im Kastenstand", lautet der Vorwurf der Tierschützer.

Dabei regelt die Tierschutznutztierhaltungsverordnung seit 1992, wie Kastenstände beschaffen sein müssen, nämlich so, dass Schweine sich darin nicht verletzen, ungehindert aufstehen oder hinlegen und die Gliedmaßen in der Seitenlage ausstrecken können. In der Praxis trifft das allerdings oft genug nicht zu, doch anstatt die Kastenstandhaltung abzuschaffen, wie es in Österreich, der Schweiz oder Schweden bereits beschlossen ist, soll nun der entsprechende Passus mit dem nötigen Freiraum für die Tiere aus der Verordnung gestrichen werden.

 

Die Entscheidung im Bundesrat wurde aber mehrfach verschoben und soll nun am 15. Mai erfolgen. Kritiker der von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) geplanten Änderung sehen nicht nur einen Verstoß gegen das Tierschutzrecht, sondern auch eine Missachtung mehrerer Gerichtsurteile. Die kurzfristigen Fixierungen seien "zwingend erforderlich", um Abgänge und Fehlgeburten durch Rangkämpfe zu verhindern, hieß es im bayerischen Landwirtschaftsministerium auf Anfrage unserer Zeitung zum Thema. Die Fixierung sollte aber auf kurze Zeiträume eingeschränkt und von derzeit rund 65 auf 10 Tage reduziert werden.

"Kastenstandhaltung ist Tierquälerei pur", sagt der Tierarzt Henning von Lützow aus Pfaffenhofen. "Schweine sind sehr soziale Tiere, sie brauchen den Kontakt zu anderen, ausreichend Beschäftigung und die Möglichkeit, sich zu bewegen. Deshalb gehört eine solche Haltung abgeschafft. " Eigentlich habe man für das Anliegen an diesem Samstag auf die Straße gehen wollen, wegen der Corona-Krise gebe es stattdessen einen Online-Aktionstag.

Unter dem Hashtag #LasstDieSauRaus können auf Facebook und Instagram Stellungnahmen zum Thema gepostet werden, teilte die Deutsche Tier-Lobby mit. "Der Bundesrat wird aufgefordert, am 15. Mai das Verbot von Kastenständen zu beschließen. " Unterstützer können Protestbotschaften verfassen oder Vorlagen benutzen. Weitere Details zum Aktionstag unter www. deutsche-tier-lobby. de oder www. provieh. de.

DK

Horst Richter