München
Selbstkritische Töne von Seehofer

CSU-Chef räumt Fehler ein - und soll ab morgen die Sondierungsgespräche in München leiten

15.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:27 Uhr
Ziehen derzeit an einem Strang: Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Chef Horst Seehofer. −Foto: Andersen/AFP

München (DK/dpa) Die CSU setzt nach der Landtagswahl auf eine rasche Regierungsbildung - am liebsten mit den Freien Wählern. Und Parteichef Horst Seehofer wird nicht aus dem Amt gejagt. Er gesteht eine Mitschuld für den Verlauf des Asylstreits in der großen Koalition im vergangenen Sommer ein.

"Der Stil der Auseinandersetzung" sei sein größter Fehler im vergangenen halben Jahr gewesen, sagte der CSU-Chef gestern Abend in der ZDF-Sendung "Was nun, Herr Seehofer?". Seehofer betonte aber, dass er weiterhin für die Forderung nach Rückweisungen von bestimmten Zuwanderern an der deutschen Grenze sei, "der Inhalt stimmte". Die CSU werde weiter konstruktiv in der Bundesregierung mitarbeiten. Dies bedeute aber "keine Friedhofsruhe", es werde sicher wieder Diskussionen geben.

Zu seiner eigenen Zukunft wollte Seehofer sich wie schon zuvor in einer Sitzung des CSU-Vorstands nicht äußern. Zugleich betonte er: "Jeder ist ersetzlich, ich allemal." Die Partei habe sich daher auf ein Verfahren verständigt, welches die ergebnisoffene Aufarbeitung noch in diesem Jahr abschließen werde.

Wer erwartet hatte, die CSU-Oberen würden Seehofer bei der ersten Vorstandssitzung nach dem Wahldebakel die Leviten lesen, von ihm persönliche Konsequenzen fordern und dem Parteichef gar den Rücktritt nahelegen, sah sich getäuscht: Konzentriert und sachlich sei es in der CSU-Vorstandssitzung zugegangen, hieß es anschließend. Es habe keine Aggression gegeben. Zwar seien die meisten der rund 30 Wortmeldungen kritisch mit Seehofer gewesen. Vor allem die alten Parteigranden Theo Waigel, Günther Beckstein und Erwin Huber (also die, die nach Wahlniederlagen im Bund 1998 und im Land 2008 jeweils selbst personelle Konsequenzen gezogen hatten) hätten eine "sehr schwere Niederlage" und ein "sehr ernstes Wahlergebnis" beklagt, über das man jetzt nicht einfach hinwegsehen dürfe. Andere beklagten, der CSU sei die Basis weggebrochen. Im Grunde aber seien nur viele Fragen aufgeworfen, jedoch keine Antworten gegeben worden.

Bei Seehofer selbst habe es "keinen Anflug von Selbstkritik" gegeben, sagte ein Teilnehmer nach der Sitzung. Das war am Abend beim Auftritt im ZDF dann etwas anders. Allerdings wies Seehofer den Vorwurf zurück, seine Partei habe in den vergangenen Monaten einen Rechtsruck durchlebt. Die CSU sei - dies würden die Wählerwanderungen belegen - in einer Sandwichposition zwischen AfD, Freien Wählern und Grünen.

Seehofer warb erneut dafür, die Aufarbeitung der Niederlage bei der Landtagswahl in Bayern erst nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen durchzuführen. "Das Wichtigste ist es, eine Regierung zu bilden." Wer im Wahlkampf für Stabilität werbe, könne jetzt nicht mit internen Debatten im Freistaat für Instabilität sorgen.

Offensichtlich spielt Seehofer, wie auch nach der desaströsen Bundestagswahl, auf Zeit: Erst mal Koalitionsverhandlungen führen, dann weiterschauen. Markus Söder spielt das Spiel mit - dem Ministerpräsidenten bleibt nichts anderes übrig, zumal die bayerische Verfassung nur einen engen Zeitplan für Koalitionsverhandlungen vorsieht.

Schon morgen, darauf hat sich gestern der CSU-Parteivorstand geeinigt, sollen die Sondierungen starten - und zwar unter Leitung Seehofers. Und sobald das CSU-Präsidium über den gewünschten künftigen Partner entschieden hat, starten die eigentlichen Verhandlungen - dann unter Söders Federführung.

Söder betonte nach der Vorstandssitzung, er wolle jetzt "schnell in Koalitionsverhandlungen einsteigen", damit Bayern nicht allzu lange ohne politische Führung bleibe. Ziel sei "eine stabile, starke, seriöse Regierung", die "nicht nur verwaltet, sondern gestaltet". Geredet werde auch mit den Grünen, aber die Präferenz liege bei den Freien Wählern, so Söder - wichtig seien "gemeinsame Grundkoordinaten" und ein "gemeinsames Verständnis dafür, was für Bayern wichtig ist".