München
Zahl der Corona-Infektionen steigt: Handwerksmesse abgesagt

02.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:50 Uhr

Alle Vorsichtsmaßnahmen konnten es nicht verhindern: Die Zahl der Infektionen steigt auch in Bayern. Quarantäne von Kontaktpersonen soll weitere Ansteckungen verhindern. Unterdessen wird die wichtigste Leistungsschau des Handwerks in der Landeshauptstadt abgesagt.

Die Zahl der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 steigt in Bayern weiter. Allein am Montag bestätigte das Gesundheitsministerium in München 13 neue Fälle. Wegen der Ausbreitung des Virus wurde die Internationale Handwerksmesse in München abgesagt. Sie ist mit alljährlich 1000 Ausstellern aus 60 Ländern und mehr als 100 000 Besuchern die wichtigste Leistungsschau des Handwerks in Deutschland. Die Messe hätte vom 11. bis 15. März stattfinden sollen.

Allein am Montag gab es sechs neue Corona-Fälle im Landkreis Freising, drei in München, zwei im oberfränkischen Landkreis Bayreuth, und je einen im mittelfränkischen Schwabach, und im Landkreis Ostallgäu.

Bislang sind in Bayern insgesamt 3 5 Patienten positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden. 14 von ihnen, die im Zusammenhang mit dem Autozulieferer Webasto aus Gauting-Stockdorf standen, wurden vor einigen Tagen gesund aus den Krankenhäusern entlassen. Seit vergangenem Donnerstag gab es damit 15 neue bestätigte Infektionen. Ärzte rechnen mit weiteren Patienten.

Eigentlich wollte die Gesellschaft für Handwerksmessen die Traditionsveranstaltung nicht streichen, auch wenn sie mit weniger Besuchern rechneten und bereits erste Aussteller abgesagt hatten. Anstelle einer Absage waren verstärkte Hygienemaßnahmen geplant. Staatsregierung und Behörden hatten jedoch Bedenken. In dem Krisenstab arbeiten unter anderem Gesundheits- und Innenministerium, Polizei und Katastrophenschutz mit.

Für Münchner Hotellerie und Gastronomie bedeutet die Absage entgangene Einnahmen in Millionenhöhe. Messegäste, die über Nacht bleiben, bringen drei- bis vierstellige Umsätze. In den vergangenen Wochen wurden wegen des Coronavirus in mehreren Ländern international bekannte Messen abgesagt, darunter die Tourismusmesse ITB in Berlin, der Genfer Automobilsalon und der World Mobile Congress für Handys und andere mobile Geräte in Barcelona.

Um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren, mahnte das Kultusministerium nach den Faschingsferien, Schüler, die in Risikogebieten - dazu gehören neben China und Iran auch Teile Norditaliens - im Urlaub waren, sollten unnötige Kontakte vermeiden und möglichst zu Hause zu bleiben. „An den Realschulen und den Gymnasien hat heute im Durchschnitt weniger als ein Schüler pro Schule aus diesem Grund gefehlt“, sagte ein Ministeriumssprecher. Veranstaltungen wurden abgesagt oder verschoben, etwa ein geplanter Studien-Info-Tag an der Uni Würzburg.

In München wurde ein BMW-Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Er sei nicht auf Reisen gewesen und habe im Forschungs- und Entwicklungszentrum (FIZ) gearbeitet, sagte eine BMW-Sprecherin. Rund 150 Mitarbeiter im FIZ, die mit ihm Kontakt hatten, seien nun für zwei Wochen zu Hause in Quarantäne, die Großraumbüros würden desinfiziert. Dem Mann gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte die Sprecherin.

Weil ein Mitarbeiter von ProSiebenSat.1 in Düsseldorf positiv auf das neuartige Coronavirus getestet wurde, wurden vorsorglich 200 Mitarbeiter am Unternehmenssitz in Unterföhring bei München ins Homeoffice geschickt. Hintergrund sei, dass Mitarbeiter, die mit dem Infizierten in Kontakt waren, zwischen den Standorten hin und her reisten, sagte eine Unternehmenssprecherin.

In Zolling im Landkreis Freising sollte eine Kita für mindestens eine Woche geschlossen bleiben. Laut Landratsamt Freising wurde der Ehemann einer Erzieherin positiv auf den Erreger getestet. Am Abend besttätigte das Gesundheitsministerium in München fünf weitere Fälle in dem Kreis. Ob die Frau unter den Infizierten ist, war erst einmal unklar. Ihr Mann hatte sich in der vergangenen Woche im Raum Köln aufgehalten und dabei „engen Kontakt zu einer Person aus dem Kreis Heinsberg gehabt“. Das sei die wahrscheinliche Quelle der Infektion, hieß es. Auch im Landkreis Bayreuth wurde ein Kindergarten vorsorglich geschlossen.

Im Ostallgäu wurde auch die 33-jährige Partnerin eines Infizierten positiv getestet. Sie habe am Samstag erste Symptome gehabt. Ihr Mann arbeitet bei der Firma DMG Mori. Rund 1600 Mitarbeiter des Maschinenbau-Konzerns in Pfronten müssen mindestens bis Dienstag daheim bleiben. Das Gesundheitsamt des Landkreises Ostallgäu will nun ermitteln, welche Kollegen engen Kontakt zu dem 36-Jährigen hatten. Wahrscheinlich hatte er sich auf einer Reise infiziert.

Das Universitätsklinikum Erlangen, wo derzeit ein anderer Erkrankter behandelt wird, erwartet zusätzliche Fälle. „Wir rechnen mit weiteren Patienten“, sagte Direktor Professor Heinrich Iro. Das Uniklinikum gilt in Nordbayern als ein Schwerpunktkrankenhaus für den Umgang mit dem Virus. Bei dem dortigen Patienten verlaufe die Erkrankung vergleichsweise milde, sagte Chefarzt Professor Markus Neurath. Bei dem Mann handelt es sich um einen Oberarzt der Erlangener Hautklinik, der sich bei einer Tagung in München bei einem Italiener angesteckt hatte.

Am Wochenende hatten die österreichischen Behörden bei Füssen einer Schülergruppe aus Nordrhein-Westfalen wegen eines Coronavirus-Verdachts die Einreise verweigert, weil eine Schülerin der Skifreizeit, die vorher Kontakt zu einem Coronavirus-Patienten hatte, Krankheitssymptome zeigte.

Die Vize-Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Landtag, Ruth Waldmann, rief die Staatsregierung auf, Arztpraxen und Kliniken bei der Materialbeschaffung zu unterstützen. Schutzkleidung sei inzwischen schwer zu bekommen, sagte die SPD-Politikerin. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums nannte die Aufforderung überflüssig und irreführend. Derartige Maßnahmen seien eingeleitet, erste zusätzliche Lieferungen etwa von Schutzmasken könnten in den nächsten Tagen erfolgen.

Meldung des Landratsamtes Freising

Kultusministerium zu Corona und Schulen

Robert Koch Institut zu Kontaktpersonen

Robert Koch Institut zu Risikogebieten

dpa