München/Köln
Erzbistum fordert Stellungnahme zu Missbrauchsgutachten

30.10.2020 | Stand 02.12.2020, 10:14 Uhr
Ein Kreuz steht im Innenhof des Erzbistums München. −Foto: picture alliance/dpa/Archivbild

München/Köln - Nach schweren Vorwürfen des Kölner Erzbistums gegen eine Münchner Anwaltskanzlei, die ein Missbrauchsgutachten erstellen wollte, verlangt auch das Münchner Bistum Aufklärung. Es hatte schon 2010 mit der Kanzlei gearbeitet. Der Bericht wurde nie veröffentlicht.

Nach der Entscheidung des Erzbistums Köln, ein bei einer Münchner Anwaltskanzlei in Auftrag gegebenes Missbrauchsgutachten nicht zu veröffentlichen, fordert das katholische Erzbistum München und Freising die Kanzlei zu einer Stellungnahme auf. Das bayerische Bistum unter der Führung von Kardinal Reinhard Marx hatte dort Anfang des Jahres ebenfalls ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es ist bereits das zweite. Das erste, der sogenannte Westphal-Bericht aus dem Jahr 2010, wurde nie veröffentlicht und gilt seither als Mysterium. „Die Erzdiözese erwartet ein rechtssicheres, methodisch einwandfreies und belastbares Gutachten“, sagte ein Bistumssprecher am Freitag in München.

Die Diözese habe „die aktuellen Vorgänge um die unabhängige Untersuchung zum Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln zur Kenntnis genommen“ und „die Kanzlei zu einer Stellungnahme hinsichtlich des Anfang des Jahres von ihr bei der Kanzlei in Auftrag gegebenen Gutachtens aufgefordert“.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hatte die Entscheidung, die Ergebnisse nicht zu veröffentlichen, zuvor mit erheblichen Mängeln des Gutachtens begründet und die Prüfung rechtlicher Schritte angekündigt. Die Kanzlei sei „wiederholt an ihrem Versprechen und am Anspruch der Betroffenen sowie des Erzbistums gescheitert, eine umfassende Aufarbeitung der Ereignisse und persönlichen Verantwortlichkeiten in Form eines rechtssicheren und belastbaren Gutachtens zu erreichen“.

Die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker und Wastl wies die Vorwürfe zurück. „Aus unserer Sicht kann das Gutachten jederzeit veröffentlicht werden, um der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein umfassendes Bild zu machen“, teilte die Kanzlei mit. Weitere Stellungnahmen würden zu gegebener Zeit erfolgen.

Die Münchner Diözese hatte bereits vor zehn Jahren für ein nie veröffentlichtes Gutachten mit der Kanzlei zusammengearbeitet. Das neue Gutachten sollte darauf aufbauen, die Jahre 1945 bis 2019 untersuchen und - anders als beim letzten Mal - auch veröffentlicht werden, versprach Generalvikar Christoph Klingan im Februar.

Die Prüfung soll bis in die Kirchenspitze reichen. „Das betrifft dann auch alle Erzbischöfe, alle Verantwortungsträger in diesem Zeitraum ohne Unterschied“, sagte Klingan damals. Einer der Vorgänger von Marx war von 1977 bis 1982 Kardinal Joseph Ratzinger, der heute emeritierte Papst Benedikt.

Auch das Kölner Gutachten sollte untersuchen, wie die Verantwortlichen im Erzbistum Köln in der Vergangenheit mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs gegen Priester umgegangen sind. Durchgesickert ist bereits, dass das Gutachten die Rolle des früheren Personalchefs Stefan Heße kritisch beurteilt. Gegen ihn gibt es Vertuschungsvorwürfe. Heße ist heute Erzbischof von Hamburg.

Pressemitteilung Erzbistum Köln

Gutachten zur Qualität des Münchner Gutachtens

dpa