Ingolstadt
Die Spur verliert sich in Österreich

Das Verschwinden von Taprap Chettana aus Ingolstadt gibt der Polizei in drei Ländern Rätsel auf

10.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:17 Uhr
Taprap Chettana aus Ingolstadt −Foto: Polizei

Ingolstadt (DK) Es ist zunächst erst mal ein Vermisstenfall. Das Verschwinden von Taprap Chettana aus Ingolstadt wirft aber viele Fragen auf – und ein schiefes Licht auf ihren Lebensgefährten. Noch gilt die Unschuldsvermutung, auch wenn der Mann sich sehr verdächtig gemacht hat. Hat er die Frau getötet?

Die 31-jährige Thailänderin war, wie bereits mehrfach berichtet, am 4. Juni mit ihrem Partner und ihren beiden zwei und fünf Jahre alten Kindern zu einem Kroatien-Urlaub aufgebrochen. Unterwegs blieb ihr VW-Campingbus aber in Österreich mit einem Motorschaden liegen. Der 34-jährige Ingolstädter suchte eine Werkstatt in Radstadt im Bundesland Salzburg auf und quartierte sich zwölf Kilometer weiter im Seestüberl in Flachau ein. Weil die Reparatur offenbar länger dauerte, nahm die Familie ein Leihauto und fuhr am 9. Juni weiter nach Kroatien auf die Insel Rab. Dort, so berichtete der Mann später der Polizei, kam die Frau am 12. Juni nach einem Strandspaziergang nicht mehr zurück.

Noch während eine große Suchaktion anlief, setzte der Ingolstädter sich in derselben Nacht mit den Kindern ins Auto und wollte wohl nach Deutschland zurück. An der slowenischen Grenze wird er festgenommen, wegen des Verdachts eines möglichen Tötungsdelikts. Der 34-Jährige ist zwar inzwischen wieder in Ingolstadt, doch auch hier wird ermittelt: „Durch die Vorwürfe in Kroatien erhält er auch bei uns den Beschuldigtenstatus“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walter.

Außer seiner überstürzten Heimreise gibt es aber keine wirklich handfesten Tatbeweise gegen den Ingolstädter. Deshalb ist der Haftbefehl gegen ihn außer Vollzug gesetzt, er muss sich nur regelmäßig bei der Polizei melden. Die Kinder hat man ihm weggenommen, sie sind in der Obhut des Jugendamts. Derweil versucht die Kripo in Bayern, Österreich und Kroatien, die vielen offenen Fragen zu klären. Wie die, ob Taprap Chettana überhaupt in Kroatien angekommen ist. Niemand hat sie dort gesehen, obwohl sie nach Angaben ihres Partners ganze drei Tage dort gewesen sein soll. Die Polizei sucht noch nach DNA-Spuren im Feriendomizil des Paares auf der Insel Rab. Das Ergebnis stand gestern weiter aus. Auch das Mietauto, das wie der VW inzwischen bei der Polizei in Ingolstadt steht, wird noch vom Erkennungsdienst auf genetische Fingerabdrücke der Frau untersucht. Horst Hechl vom Autoverleih in Schladming in der Steiermark hatte dem 34-Jährigen den roten Mercedes Vito am 9. Juni übergeben. „Ich habe den Mann in Radstadt bei der VW-Vertretung abgeholt und zu mir nach Schladming gebracht. Die Frau habe ich da aber nicht gesehen“, erzählt der Österreicher.

Die mysteriöse Geschichte sorgt in Radstadt für einigen Gesprächsstoff, seitdem die Salzburger Polizei in der Gegend ermittelt. „Wir unterstützen die Kripo in Ingolstadt und Kroatien“, sagt ihr Sprecher Michael Rausch. Die Thailänderin sei zuletzt in Flachau lebend gesehen worden. Es habe bereits mehrere Suchaktionen im Ennspongau im südöstlichen Teil des Bundeslandes Salzburg gegeben, nachdem Zeugen der Frau dort begegnet sein wollen – bisher ohne Erfolg. „Eine weitere Suche steht noch aus“, sagt Rausch. Aus taktischen Gründen kann er dazu vorerst keine Details nennen. Über vier Wochen nach dem Verschwinden von Taprap Chettana sind die Ermittlungen weiter voll im Gange.

Ein Richter am Amtsgericht Ingolstadt hat gestern Nachmittag noch einmal die beiden Kinder angehört. Sie konnten bisher nichts zur Erhellung des Geschehens beitragen. Der Lebensgefährte der 31-Jährigen ist bei allen Vernehmungen durch die Ingolstädter Kripo bei seiner ursprünglichen Version geblieben, nämlich dass die Frau von einem Strandspaziergang nicht zurückgekehrt sei. Möglicherweise war es tatsächlich so, aber warum ist er dann so hastig aufgebrochen, ohne das Ende der Suchaktion abzuwarten? In der Zwischenzeit wird in Medienberichten über die Beziehung des Paares spekuliert – über ganz persönliche Dinge, die allenfalls dann von öffentlichem Belang sein können, wenn der Verdacht gegen den Ingolstädter sich bestätigen sollte. „Denn konkret haben wir bisher nicht viel“, sagt Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium in Ingolstadt. „Vielleicht hat sie ihn einfach verlassen. Wir können nicht mal einen Suizid ausschließen.“