Ingolstadt
"Es wird zu wenig geholfen"

Kabarettist Christian Springer lindert Not von Flüchtlingen im Libanon

20.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:53 Uhr

Ingolstadt (DK) Wer sind wir? Was ist die deutsche Leitkultur? Was antworten wir den Menschen, die sich bei uns integrieren wollen auf ihre Fragen? Denn eines ist klar: "Mia san mia" funktioniert nicht mehr. Das zeigt Kabarettist Christian Springer in seinem neuen Programm "Trotzdem". Mit Witz und schonungslos deckt er kleine und große Sündenfälle von Politik, Wirtschaft und jedermann auf. Am Montagabend war der Kabarettist in der Neuen Welt zu Gast. Doch Springer kritisiert nicht nur: Vor viereinhalb Jahren hat er den Verein Orienthelfer gegründet, um Flüchtlingen im Nahen Osten das Leben erträglicher zu machen.

 

Herr Springer, Sie waren in letzter Zeit kaum zu erreichen. Wo waren Sie, was haben Sie getan?

Christian Springer: Wir vom Verein Orienthelfer haben in Beirut ein kleines Büro mit libanesischen Mitarbeitern, mit denen es einiges zu besprechen gilt. Am wichtigsten ist im Moment die Vorbereitung auf den Winter. Denn es ist nach wie vor so, dass für syrische Flüchtlinge zu wenig getan wird.

 

Was heißt das konkret?

Springer: Es gibt in dem kleinen Libanon, das kaum fünf Millionen Einwohner zählt, etwa 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge, also eine unglaublich hohe Prozentzahl. Rechnet man die palästinensischen und irakischen Flüchtlinge dazu, dann haben rund 40 Prozent der Menschen im Libanon einen Flüchtlingsstatus. Es gibt aber kein zentrales Lager der Vereinten Nationen, sondern 1600 kleine Camps. Die sind zwar alle registriert, aber es wird nicht überall geholfen. Schon beim ersten Winter 2011/2012 nach Ausbruch der Auseinandersetzungen waren Bilder von Kindern zu sehen, die barfuß im Schnee liefen. Diese Situation gibt es noch heute. Vor einer Woche haben wir damit begonnen, 15 000 Paar Schuhe zu verteilen.

 

Woher kommen die Hilfsgüter?

Springer: Da wir als 30 Ehrenamtliche nicht hierzulande Schuhe sammeln können - logistisch und finanziell würde das unsere Möglichkeiten übersteigen, haben wir Schuhe im Libanon gekauft. So kommt die Hilfe schneller und wirksamer an.

 

Sie unterstützen damit auch den Arbeitsmarkt in dem kleinen Land?

Springer: Ja, das ist so. Ich habe deshalb auch kein schlechtes Gewissen, Sachspenden in Deutschland abzulehnen.

 

Wie hat sich der Flüchtlingszustrom entwickelt?

Springer: Die kriegerischen Handlungen gehen weiter. Insgesamt sind 13 Millionen Menschen in der Region auf der Flucht. Allerdings können die Menschen jetzt nicht mehr aus Syrien heraus. Die Grenzen zur Türkei, in den Libanon und nach Jordanien sind zu. Die Grenze in den Irak ist in den Händen des islamischen Staates. Die Menschen in Syrien sind Gefangene im eigenen Land.

Wie sieht es mit der Hilfs- und Spendenbereitschaft aus?

Springer: Ich kann nur für unseren Verein sprechen. Da ist die Spendenbereitschaft noch gut. Wir bekommen aber keine Mittel aus den großen Fördertöpfen der Bundesrepublik für die Syrienhilfe. Ich hoffe, dass sich das ändert.

 

Ich habe gehört, dass die Bundeswehr Ihnen mit Feldküchen hilft?

Springer: Vorweg: Der Freistaat Bayern hat uns 400 00 Euro gespendet für ein Handwerkerhaus, das wir aufbauen, um syrische Flüchtlinge in Handwerksberufen auszubilden, damit sie später ihre Heimat aufbauen können. Bayerische Meister werden dort unterrichten. Und ja, die Bundeswehr hat uns Feldküchen gespendet. Eine Feldküche kann im Jahr bis zu 250 000 kostenlose Essen an die Flüchtlinge liefern. Pro Essen kostet das etwa 30 Cent. Wir sind damit in der Kosten-Nutzen-Rechnung unschlagbar.

 

Wer betreibt die Küchen?

Springer: Wir hoffen, dass wir immer einen gelernten Koch finden. Auf der anderen Seite sind die syrischen Frauen und Helfer unglaublich geschickt und betreiben das auf höchst professionelle Weise. Wir geben aber immer eine genaue Einweisung, besorgen Ersatzteile und geben damit Hilfe zur Selbsthilfe.

 

Das Interview führte

Barbara Fröhlich.

 

Im Internet: www.orienthelfer.de