Ingolstadt
Gefangen in ihrer eigenen Welt

Hanna lebt als autistisches Kind im Raum Ingolstadt Ihre Eltern hoffen auf eine Delfintherapie

14.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:11 Uhr

Hanna macht am liebsten Puzzlespiele auf ihrem Tablet-PC. Die autistische Siebenjährige nimmt ihre Umwelt aber nur bedingt wahr und muss rund um die Uhr betreut werden. Ihre Familie hofft nun auf eine Delfintherapie, um das Kind voranzubringen. - Foto: Richter

Ingolstadt (DK) Hanna war ungefähr eineinhalb Jahre alt, als ihre Eltern aus einem Ingolstädter Vorort sich langsam Sorgen um sie machten. Warum reagierte das Mädchen nicht auf seine Umwelt, so wie es der ältere Bruder als Kleinkind getan hatte? Warum suchte es kaum den Blickkontakt, wenn jemand vor dem Bett stand? Warum ging es nicht auf Spielzeug ein, das Vater oder Mutter ihm hinhielten, warum reagierte es so wenig auf seine Umwelt? "Hanna war mit allen motorischen Abläufen ihrem Alter weit hinterher.

Sie hat auch nicht gesprochen. Da haben wir uns schon Gedanken gemacht", erzählen die Eltern. "Wir wussten ja von unserem Sohn, wie die Entwicklung eines Kindes normalerweise abläuft."

Die Kinderärztin hatte zunächst keinerlei Auffälligkeiten festgestellt, zumindest nicht in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Mädchens. Als Hanna ein Jahr später aber deutliche Verzögerungen in der Entwicklung aufwies, war es an der Zeit für eingehendere Untersuchungen. "Wir haben erst gemeint, dass sie vielleicht nicht hören kann", erzählt ihr Vater (43). "Aber mit den Ohren war alles in Ordnung. Es hätte auch ein Tumor oder eine Fehlbildung des Gehirns sein können. Wir waren ratlos, weil die Ärzte nichts gefunden haben."

Parallel zu etlichen Klinikbesuchen hatten die Eltern begonnen, Hanna in speziellen Einrichtungen fördern zu lassen. Eine Ergotherapeutin im Haus Miteinander, einer heilpädagogischen Stätte in Ingolstadt, brachte sie schließlich auf die richtige Spur. "Sie hat gemeint, dass es Autismus sein könnte", erinnert sich die Mutter (39) des Mädchens.

Die erfahrene Fachfrau hatte mit sicherem Blick ins Schwarze getroffen. Frühkindlicher Autismus, so lautete am Ende die Diagnose, da war Hanna zweieinhalb Jahre alt. Bei der inzwischen Siebenjährigen kommen noch Epilepsie und eine Entwicklungsverzögerung in der Motorik, Sprache und Wahrnehmung hinzu. Ihre Eltern müssen rund um die Uhr für Hannas Betreuung sorgen. Pflegestufe 3 oder im Klartext: absolute Schwerstpflegebedürftigkeit. "Man kann sie keine Minute allein lassen. Sie erkennt keine Gefahren und würde weglaufen, wenn sich die Gelegenheit ergibt", sagt die Mutter.

Im Haus ist alles gesichert, was ein Risiko bedeutet - ein Gitter vor dem Schwedenofen versperrt Hanna den Weg zur heißen Sichtscheibe. An den Treppen sind Sicherungen angebracht, die Küche ist abgeschlossen, damit das Kind nicht an den Herd oder Messer gelangt. "Sie würde uns den Kühlschrank ausräumen", sagt der Vater. Nachts liegt das Mädchen oft wach. Schlafstörungen sind nicht ungewöhnlich bei autistischen Menschen. Ein Pflegebett mit Gittern verhindert, dass Hanna aufsteht und im Haus herumspaziert. Die Siebenjährige ist inkontinent und wird gewickelt. "Inzwischen ist Hanna in der Schule und hat dort eine Individualbegleitung, die ihr hilft. "Es muss sich den ganzen Tag jemand um sie kümmern."

Das Kind kennt inzwischen ein paar Buchstaben, sprechen kann es bis heute nicht. Ein elektronischer Sprachgenerator mit Tastfeldern hilft ihm bei der Kommunikation. "Wir versuchen alles, was Besserung für Hanna verspricht", sagt die Mutter. Ergotherapie gehört dazu, aber auch das Reiten - "da hat sie richtig Spaß dran, das bringt viel". Deshalb setzen die Eltern jetzt auf eine Delfintherapie. "Andere Betroffene haben uns von sehr guten Erfolgen berichtet." Sie nahmen Kontakt zu Dolphin Aid auf, einem gemeinnützigen Verein, der diese Therapien auf CuraÃ.ao vermittelt. Der Haken ist die Finanzierung, die Kassen bezahlen nicht. Die Kosten betragen gut 13 500 Euro, zu viel für die junge Familie. Der Verein hat nun ein Spendenkonto eingerichtet.

Dolphin Aid vermittelt jedes Jahr Therapien für bis zu 180 Betroffene. "Alle Spenden werden von uns verwaltet und zweckgebunden verwendet", erklärt Geschäftsführer Friedhelm Bröker. "Wenn mehr Geld eingeht als die Therapie kostet, finanzieren wir damit andere Maßnahmen für die Begünstigten oder wir verwenden es für eine zweite Delfintherapie. 80 Prozent machen eine Folgetherapie, weil die erste erhebliche Fortschritte gebracht hat. In den 20 Jahren unseres Bestehens gab es keinen Fall, wo nicht eine bleibende Besserung eintrat."

Hannas Familie hofft jetzt auf Spenden aus der Region. "Wir erwarten uns von der Therapie, dass unsere Tochter besser mit ihrer Umwelt in Kontakt treten kann und vielleicht auch anfängt zu sprechen. Das wäre eine große Erleichterung für uns und für sie", sagt die Mutter.

Wer Hanna helfen möchte, kann auf folgendes Konto spenden: Dolphin Aid e.V. Stadtsparkasse Düsseldorf, IBAN DE 52 3005 0110 0020 0024 24, BIC DUSSDEDDXXX, Verwendungszweck: "Hanna Ingolstadt".