Bad Staffelstein
In der Selbstfindungsphase

Die CSU-Landtagsfraktion sucht bei ihrer Klausurtagung im oberfränkischen Kloster Banz nach ihrer Rolle

15.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:39 Uhr
Er bestimmt sehr deutlich die Leitlinien bei der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion: Ministerpräsident Markus Söder. −Foto: Armer/dpa

Bad Staffelstein (DK) In drei Tagen endet für die CSU eine Ära: Horst Seehofer tritt nach zehn Jahren als Parteichef ab.

Auf einem Parteitag in München werden die CSU-Delegierten voraussichtlich Markus Söder, dem Seehofer vor einem Jahr bereits das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten übergeben hatte, auch zum Nachfolger als Parteichef machen. Dem Wechsel an der Spitze von Partei und Staat war eine Serie katastrophaler Wahlniederlagen vorausgegangen.

Die CSU-Landtagsfraktion, die üblicherweise ihre Winterklausur (früher in Wildbad Kreuth, südlich des Tegernsees, seit zwei Jahren nun im fränkischen Kloster Banz) vor allem dazu nutzte, um zum Jahresstart plakativ ein paar Themen zu setzen, befindet sich derzeit eher in einer politischen Selbstfindungsphase. Grund: Zehn Jahre Seehofer und seiner "Koalition mit dem Volk" haben bei der CSU-Landtagsfraktion offensichtlich Spuren hinterlassen. Die Klausur sei diesmal "eine Arbeitstagung", so Fraktionschef Thomas Kreuzer, bei der man vor allem "den eigenen Standort bestimmen" und "gemeinsame Ziele festlegen" wolle.

Die verschiedenen Arbeitskreise der Partei hätten in den vergangenen Tagen und Wochen getagt. Was jenen Fachpolitikern wichtig sei, werde nun in einer Art Stoffsammlung vorgetragen, debattiert und dann gegebenenfalls in die Fraktionsarbeit miteinfließen. In einem "World-Café" gebe es "Diskussionen in Kleingruppen" zu sieben verschiedenen Themengebieten. Jeder Landtagsabgeordnete habe die Möglichkeit an drei Themenfeldern (wie "Neue Arbeitsweise in der Koalition" oder "Umgang mit der AfD") teilzunehmen, am Ende würden die Ergebnisse dann wieder der Gesamtfraktion vorgetragen.

Auch über die Zusammenarbeit mit anderen politischen Ebenen, etwa in Bund und Europa, will sich die Fraktion Gedanken machen. Das ist insofern bemerkenswert, als sich die Landtagsfraktion früher als "Herzkammer der CSU" und damit so etwas wie den Mittelpunkt der weiß-blauen Weltordnung betrachtete. Nun freut man sich, den neuen Fraktionschef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus (CDU), näher kennenlernen zu dürfen.

Was Europa angeht, will man sich nicht nur mit dem gemeinsamen Spitzenkandidaten von CSU, CDU und den übrigen europäischen Volksparteien bei der Europawahl, Manfred Weber, austauschen - die CSU-Landtagsabgeordneten versprechen sogar, selbst Wahlkampf für Weber machen zu wollen. Grund: Weber müsse europaweit Wahlkampf machen, bayernweit habe die CSU aber nur fünf Europaabgeordnete. Also würden sich diesmal auch die 85 Landtagsabgeordneten "massiv einbringen vor Ort, damit das Schlagkraft hat", so Kreuzer. Wenn man bedenkt, dass Seehofer bei der letzten Europawahl 2014 extra den Europakritiker Peter Gauweiler als CSU-Vize installierte, um auch den Europagegnern einen Grund zu geben, die CSU zu wählen, ist derlei ziemlich beachtlich.

Beachtlich ist auch, dass die von Seehofer von Wahlpleite zu Wahlpleite versprochene Aufarbeitung der Gründe bis heute ausgeblieben ist. Auch die Pleite bei der Landtagswahl vom letzten Herbst mit 37,2 Prozent (nach 38,8 bei der Bundestagswahl 2017) ist bisher nicht wirklich angegangen worden. Dafür allerdings sei nicht die CSU-Landtagsfraktion zuständig, so Kreuzer, das "muss die Partei machen". Es seien aber "sehr viele Faktoren, die da zusammenkommen", das Ganze sei "nicht monokausal". Dass die letzten Umfragen die CSU aktuell sogar bei nurmehr 35 Prozent sehen, versteht sich für Kreuzer von selbst - schließlich seien bisher nur die notwendigen Dinge wie Bildung einer Koalition und einer neuen Staatsregierung angegangen worden, aber noch keine maßgeblichen inhaltlichen Arbeiten. Ziel sei nicht die Verbesserung in den Umfragen, sondern in fünf Jahren vor die Wähler treten und um Vertrauen und Stimme bitten zu können. Seehofer selbst ist als noch amtierender Parteichef zur Klausur der Landtagsfraktion übrigens eingeladen, alleine: Er kommt nicht, zu viele Termine als Bundesinnenminister, heißt es zur Entschuldigung.

Stattdessen bestimmt Söder, der bereits praktisch die ganze Klausur über in Kloster Banz mit dabei ist, sehr deutlich Leitlinien und Marschrichtung. So pochte er auf eine Mitsprache bei der irgendwann anstehenden Entscheidung über die nächste Kanzlerkandidatur der Union. "Aus meiner Sicht ist das ganz klar: Die beiden Parteivorsitzenden von CDU/CSU haben da das Vorschlagsrecht", sagte Söder. Es sei schon immer so gewesen, dass derlei gemeinsam entschieden worden sei. Zugleich bekräftigte Söder das Ziel einer engen Abstimmung zwischen CDU und CSU - auch wenn die CSU natürlich eine eigenständige Partei bleibe. "Das heißt: Wir haben ein eigenständiges Profil, wir haben eigenständige Ideen. Aber wir haben das Ziel, das Gemeinsame zu betonen und es auch herauszustellen. " Derlei verband er allerdings mit einer klaren Ansage nach Berlin: Die große Koalition müsse 2019 Ergebnisse liefern, so Söder. Angesichts wachsender Konjunktursorgen und einer schwierigeren internationalen Lage sieht der designierte CSU-Chef Markus Söder die große Koalition unter hohem Handlungsdruck. Nach einem "Jahr der Selbstfindung" müsse 2019 nun "ein Jahr der Ergebnisse sein". Denn sonst fände die große Koalition auf Dauer keine Akzeptanz beim Bürger. Unter anderem fordert er einen raschen Abbau des Solidaritätszuschlags. "Es gab eine Aufgabe für alle, das war der Aufbau Ost. Es gab eine Abgabe für alle, es gab den Soli. Jetzt endet die Aufgabe für alle. Also muss auch die Abgabe für alle enden", erklärte er. Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, den Soli schrittweise abzuschaffen, aber erst ab dem Jahr 2021.
Zudem müsse angesichts der "internationalen Verwerfungen" mit einer Unternehmenssteuerreform dafür gesorgt werden, dass eine wirtschaftliche Stabilisierung eintrete.

Der AfD warf er zudem vor, mit ihrem Kurs in der Europapolitik dem Kontinent und auch Deutschland schaden zu wollen. Ein Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union wäre "die Spaltung mitten im Kontinent".

Alexander Kain