Immer noch unterrepräsentiert

Nur 22,4 Prozent der Frauen im Staatsdienst haben eine Führungsposition

13.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:44 Uhr
Die Hälfte aller bayerischen Richter ist weiblich - aber nur 32 Prozent sind auf Leitungsebene tätig. −Foto: Schuldt, dpa

München - Vor einer Woche, zum Internationalen Frauentag, klopften sich die Politiker auf die Schultern, wie weit man in Sachen Gleichberechtigung schon vorangekommen sei.

Doch in vielen Bereichen schaut es noch ziemlich düster aus - beispielsweise im öffentlichen Dienst in Bayern, wie jetzt eine Anfrage von Simone Strohmayr, der familienpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, ergab.

Hintergrund: Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa aus diesem Jahr hat ergeben, dass sich bundesweit mehr als die Hälfte aller Frauen im Job diskriminiert fühlen - entweder, weil sie aufgrund ihres Geschlechts eine Stelle nicht bekommen haben oder bei der Verteilung von Aufgaben, Gehaltserhöhungen und Beförderungen benachteiligt wurden.

Das bayerische Arbeits- und Sozialministerium schreibt in seiner Antwort an die SPD-Parlamentarierin, dass der Anteil der Frauen im öffentlichen Dienst des Freistaats derzeit insgesamt zwar bei stolzen 56,4 Prozent liege - im gehobenen Dienst, also bei den Führungspositionen, aber lediglich bei 22,4 Prozent. Im Klartext: Frauen sind in den Behörden des Freistaats eher für die einfacheren Tätigkeiten vorgesehen.

Diese ungleiche Struktur erstreckt sich über alle Fachbereiche der Verwaltung. Bei den Staatsanwaltschaften beispielsweise liegt der Frauenanteil bei 52 Prozent, in der Leitungsebene dagegen nur bei 34 Prozent. Der Anteil der Richterinnen beträgt laut dem Haus von Ressortchefin Carolina Trautner (CSU) insgesamt 49 Prozent, in der Leitungsebene dagegen nur 32 Prozent. Ähnlich sieht es beim Anteil der Ärztinnen an staatlichen Kliniken aus. Dieser liege bei 44,4 Prozent, der Anteil der Chefärztinnen aber nur bei mageren 12,2 Prozent, bei den Ärztlichen Direktorinnen und Klinikleitungen sogar nur bei 8,3 Prozent. Dazu muss man wissen: An den bayerischen Universitäten beträgt der Anteil der Medizinstudentinnen inzwischen rund 60 Prozent.

Auch das Lehramt ist ein beliebtes Tätigkeitsfeld für Frauen. An den bayerischen Schulen ist der Anteil der Lehrerinnen besonders hoch - an Grund- und Mittelschulen beträgt er beispielsweise 84,3 Prozent. Der Anteil der Schulleiterinnen liegt allerdings lediglich bei 69,8 Prozent. Noch stärker sind die Unterschiede an Gymnasien (61,5 Prozent Lehrerinnen, 23,8 Prozent Schulleiterinnen), Realschulen (68,9 Prozent Lehrerinnen, 31,9 Prozent Schulleiterinnen) und beruflichen Schulen (49,7 Prozent Lehrerinnen, 19,8 Prozent Schulleiterinnen).

An den bayerischen Hochschulen und Universitäten liegt der Frauenanteil unter den Beschäftigten bei 35,5 Prozent. Da ist der sogenannte Mittelbau, also wissenschaftliche Assistenten, schon mit hinein gerechnet. Ausschließlich auf die Professorenstellen berechnet, sind es nur knapp über 20 Prozent Frauen. Die Hälfte davon sind wiederum nur sogenannte Juniorprofessorinnen, also keine vollwertigen Lehrstuhlinhaberinnen. Das verwundert auch deshalb, weil mittlerweile rund 50 Prozent der Studenten weiblich sind. Akademische Karrieren machen aber immer noch vorrangig Männer. Interessant dabei: Nachdem es in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends einen spürbaren Zuwachs bei weiblichen Führungskräften im öffentlichen Dienst gegeben hat, stagnieren die Zahlen seit 2015 wieder.

Für Strohmayr sind die Zahlen ein Ausdruck für dringenden Handlungsbedarf. "Fast 25 Jahre nach Inkrafttreten des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes ist es dem öffentlichen Dienst in Bayern immer noch nicht gelungen, eine deutliche Vorreiterstellung in Sachen Gleichstellung einzunehmen", schimpft die 52-jährige Abgeordnete aus Schwaben. Sie fordert deshalb "eine Anhebung des Frauenanteils auf 50 Prozent in allen Leitungsebenen, die Einführung von Sanktionsmöglichkeiten des Staats bei Nichtbeachtung und mehr Mitspracherechte von Gleichstellungsbeauftragten". Bayern bildet übrigens im Bundesvergleich mit Hessen und dem Saarland die Schlussgruppe. An der Spitze bei weiblichen Führungskräften im Staatsdienst liegen laut Bundesfamilienministerium Niedersachsen und Brandenburg.

DK