Deggendorf
Hochwasserschutz: Landkreise an der Donau besorgt

09.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:17 Uhr
Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Landesvorsitzender der Freien Wähler in Bayern, spricht bei einer Pressekonferenz. −Foto: Lino Mirgeler/Archiv

Fünf Jahre nach der Flutkatastrophe in Deggendorf gibt es Streit um den Hochwasserschutz: Kommunalpolitiker aus Deggendorf, Passau und Straubing protestieren gegen Pläne der Staatsregierung, auf zwei Rückhaltebecken zu verzichten

Fünf Kommunen entlang der Donau sorgen sich wegen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zum Hochwasserschutz an der Donau und haben sich an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gewandt. Der beabsichtigte Verzicht auf bisher geplante 50 Millionen Quadratmeter Rückhaltebecken sei nicht hinnehmbar, teilten die Landräte von Deggendorf, Passau und Straubing-Bogen sowie die Oberbürgermeister von Passau und Straubing in einem am Freitag veröffentlichten Schreiben an Söder mit. Bayerns designierter Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat die Kritik vehement zurückgewiesen.

Im Koalitionsvertrag hatten CSU und Freie Wähler angekündigt, auf dezentrale Regenrückhaltung und modernes Staustufenmanagement zu setzen. Die bisher geplanten Polder Bertoldsheim (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) und Eltheim/Wörthhof (Landkreis Regensburg) sollen entfallen. In beiden Landkreisen stellen die Freien Wähler die Landräte.

Die Unterzeichner des Schreibens, darunter der Präsident des Bayerischen Landkreistages und Landrat von Deggendorf, Christian Bernreiter (CSU), befürchten Nachteile für die donauabwärts gelegenen Gebiete. „Wir hoffen, dass der Freistaat Bayern angemessen für den Hochwasserschutz der niederbayerischen Bevölkerung sorgt“, heißt es in dem Brief. Es sei ein Schlag ins Kontor, aus politischen Überlegungen auf immensen Rückhalteraum zu verzichten.

Aiwanger empörte sich am Freitag über die Vorwürfe: „Die Landräte streuen den Leuten mit ihren Befürchtungen ohne Fakten Sand in die Augen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. Die Verfasser verbreiteten „Fake News“. Von Söder gab es keine Stellungnahme zur Kritik der Kommunen. Der Brief sei offiziell in der Staatskanzlei noch nicht eingegangen, sagte eine Sprecherin.

In Rückhaltebecken - sogenannten Poldern - sieht Aiwanger keine Garanten für mehr Sicherheit. „Wir müssen jetzt vor Ort realistische Konzepte durchsetzen und nicht auf ein Phantom hoffen, das am Ende nicht hilft“, betonte er. Polder seien zudem teuer.

Zu den Alternativen zählten dezentrale Maßnahmen für Wasserrückhalt. Schnellstmöglich, spätestens bis zum Ende der Legislatur müsse es genügend Rückhalte geben, damit die Region durchgehend für ein sogenanntes hundertjährliches Hochwasser gerüstet sei. Im Fall der Donau schließe dies auch Maßnahmen für die Isar ein.

Der Kritik der Kommunen schlossen sich am Freitag die Grünen an. Echter Hochwasserschutz könne nur funktionieren, wenn er in der gesamten Fläche Bayerns umgesetzt werde und sowohl technische Maßnahmen wie Deiche und Polder als auch ökologische Maßnahmen umfasse, sagte Fraktionsvorsitzender Ludwig Hartmann. Seriöse Landespolitik müsse ganz Bayern im Blick haben. „Für den Verzicht auf Flutpolder im Landkreis der Aiwanger-Lebensgefährtin Tanja Schweiger gibt es zwar dort Applaus. Kommende Hochwasser werden dafür die Keller donauabwärts - etwa in Passau - fluten.“

In den Landkreisen Deggendorf und Passau hatte 2013 ein Jahrhunderthochwasser enormen Schaden angerichtet. Als Folge wurden mehr Flächen in Flutpolder umgewandelt und Deiche weiter ins Landesinnere zurückverlegt.

dpa