Hier fühlt sich das Schwein sauwohl

Landwirtschaft mal anders: Das Ehepaar Vogl aus Pessenburgheim hält Borstenvieh aus Cornwall

06.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:35 Uhr
Der sechsjährige Jakob hat seine Freude, die Cornwallschweine mit Wasser zu versorgen. −Foto: Richter

Pessenburgheim - Wenn der Landwirt Manfred Vogl seine Schweine zum Schlachten nach Neuburg bringt, dann ist vieles anderes. Nicht nur, dass seine Tiere ungewöhnlich aussehen, schwarz mit dunklen Borsten. Der 45-Jährige lässt es sich auch nicht nehmen, die Tiere auf ihrem letzten Weg zu begleiten, ruhig und ohne Hektik.

 

So wie sie auch gelebt haben, artgerecht und in der freien Natur. Manfred Vogl und seine Frau Bettina züchten Cornwallschweine. Der Wechsel von der konventionellen Tierhaltung hin zur weitgehend natürlichen Lebensweise war zeitweise steinig. "Aber er hat sich gelohnt", sagen sie.

Der Vogl-Hof - im Ort ist er unter dem Hausnamen "Stroblhof" bekannt - geht bis weit in 17. Jahrhundert zurück. Er steht in Pessenburgheim im Kreis Donau-Ries, nur ein paar Kilometer entfernt vom westlichen Neuburger Land. 2005 hatte Manfred Vogl das Anwesen von den Eltern übernommen, es gab dort Rinder, Schweine und Hühner, zuletzt eine konventionelle Ferkelerzeugung. Aber es fehlte an Platz, die Preise waren schlecht, und so stellte sich vor fünf Jahren die Frage: Wo liegt die Zukunft?

"Die Behörden haben uns immer nur geraten, zu vergrößern und auf Masse zu setzen", erinnert sich Manfred Vogl. Das wollte er nicht, hätte er damit doch den alten, liebevoll hergerichteten Hof seiner Vorväter verlassen und aussiedeln müssen. Bettina Vogl hatte da eine andere Vision. Sie ist gelernte Bankkauffrau, später sattelte sie die Fachlehrerin für Ernährung und Gestaltung obendrauf und arbeitet nun an der Neuburger Mittelschule. "Warum setzen wir nicht auf Schweinefreilandhaltung?", fragte sie. Also fuhren die 37-Jährige und ihr Mann nach Schwäbisch-Hall, um diverse Rassen zu besichtigen. Und sie nahmen Fleisch mit, um zu testen, welches ihnen am Besten schmeckt. Die Wahl fiel auf das Cornwallschwein. Eine abgehärtete Rasse, wie geschaffen für die Außenhaltung, mit einer Fleischqualität, die durch den hohen Fettanteil und die feine Marmorierung bestechen soll.

"Ich bin dann 2015 mit meinem Bruder nach Südengland, um die Tiere zu besorgen", erinnert sich der 45-Jährige. Am Ende waren sich der Bauer aus Bayern und die Züchterin aus England einig: Vogl bestellte einen Eber, sechs Zuchtsauen und 18 Ferkel. Vier Wochen mussten die Tiere in Großbritannien in Quarantäne, und dann noch einmal dieselbe Zeit nach ihrer Ankunft in Deutschland. Zuvor hatten die Vogls den "Behördenkram" erledigt und alle Genehmigungen für die Schweinehaltung im Freien eingeholt - für sie als Pioniere auf diesem Gebiet war das nicht immer ganz einfach.

Aber Manfred und Bettina Vogl gaben nicht auf, heute lassen sie quasi täglich die Sau raus. Sie können durchaus als Musterbeispiel durchgehen, wie moderne Landwirtschaft aussieht. Dabei könnte die Formel einfacher nicht sein: Zurück zu den Wurzeln! Draußen, vor dem Ort, hat der Landwirt eine 2,8 Hektar große Fläche im Kleinen Paartal angelegt, wo das schwarze Borstenvieh aus Cornwall jahrein, jahraus lebt. Spitze Hütten bieten Unterschlupf und schützen vor Wind und Wetter, aber die Borstentiere halten sich meist lieber draußen auf. Sie tollen herum, suhlen sich nach Lust und Laune und begrüßen ihre Besitzer mit freudigem Grunzen, sobald es an Füttern geht. "Sie kriegen nur Getreide aus eigenem Anbau", versichert Vogl.

Direkt am Hof gibt es eine kleinere Freifläche - dort steht der Eber, und dorthin kommen die trächtigen Sauen kurz vor dem Abferkeln. Hilfe brauchen sie dabei nicht. Einmal hatte eine Sau über Nacht geworfen, morgens lag sie mit ihren Ferkeln da. "Sie hat aus Gras ein richtiges Nest um sich herumgebaut, so 20 Zentimeter hoch. Es ist faszinierend zu sehen, wie die Natur das richtet", sagt der Landwirt.

Vogl hat sich noch als Fleischsommelier ausbilden lassen. Seine Frau betreibt den Hofladen, backt regelmäßig Brot und kümmert sich liebevoll um den Garten und alles Gestalterische. Die drei Kinder Jakob (6), Theresa (7) und Sebastian (9) haben ihren Spaß beim Mithelfen. Die Kundschaft kommt inzwischen - obwohl die Qualität ihren berechtigten Preis hat - von weit her, viele aus der Neuburger Ecke. Die gelegentliche Spöttelei, der Vogl verkaufe sein Fleisch teurer als Oktoberfestbier, ist vielfach Anerkennung gewichen. "Man muss als Landwirt seine Nische suchen", sagen die Eheleute Vogl. "Wir haben die unsere definitiv gefunden!"

DK