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"Wir haben die Nacht zum Tag gemacht"

27.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:22 Uhr

CSU-Chef Horst Seehofer über die "härtesten Koalitionsverhandlungen" seiner Karriere

Herr Seehofer, wie viel haben Sie zwischen Montag und Mittwoch geschlafen?
 
Horst Seehofer: Am Mittwochmorgen bin ich um sechs Uhr ins Bett gekommen. und um neun wieder aufgestanden. Von Montag auf Dienstag habe ich von zwei bis sieben geschlafen. Wir haben sozusagen die Nacht zum Tage gemacht.

 

Hatten Sie schon mal so harte Koalitionsverhandlungen?

Seehofer: Nein, das waren von der Schwierigkeit und von der Intensität her die härtesten Koalitionsverhandlungen, die ich bisher erlebt habe. Vielleicht war es ja auch meine letzte Koalitionsverhandlung.

 

Sind Sie froh deswegen?

Seehofer: Ich verspüre zumindest keine Wehmut, sondern eher ein Stück Stolz darüber, was ich alles mitgestalten konnte.

 

Sie sind mit dem Ergebnis zufrieden?

Seehofer: Ja, hochzufrieden.

Sie haben die Atmosphäre bei den Verhandlungen gelobt.

Seehofer: Das war bestens. Natürlich wird es zwischendurch mal ernster. Es wäre unnatürlich, wenn es bei einer solchen Regierungsbildung nicht der Fall wäre. Aber insgesamt war es eine sehr lockere, vertrauensvolle Atmosphäre.

 

Sie glauben, dass die Koalition – vorausgesetzt die SPD-Basis stimmt zu – vier Jahre hält?

Seehofer: Ja, absolut. Wenn das Vertrauen zwischen den drei Parteivorsitzenden bleibt, ist das eine saubere Grundlage.

 

Sie hatten immer gesagt, dass Sie die Vorratsdatenspeicherung überprüfen wollen. Jetzt kommt sie doch.

Seehofer: Wir müssen die EU-Richtlinie umsetzen. Wenn wir das nicht tun, laufen wir Gefahr, dass wir deftige Strafzahlungen leisten müssen. Wir setzen die Richtlinie um, wollen aber gleichzeitig darauf hinwirken, dass die EU ihre Richtlinie ändert. Aus unserer Sicht sollte die Frist, in der die Daten gespeichert werden, von sechs auf drei Monate halbiert werden. Und der Zugriff auf die Daten ist nur in engen Grenzen möglich.

 

Trotzdem bezweifelt unter anderem der Bundesdatenschutzbeauftragte generell den Nutzen der Sache.

Seehofer: Fast ganz Europa ist offensichtlich der gegenteiligen Auffassung. Wenn es um die Aufklärung schwerster Straftaten geht, bin auch ich für die Speicherung. Aber die Daten müssen bestmöglich geschützt werden.

 

Zur Pkw-Maut: Sie sagen, die Maut steht im Koalitionsvertrag. Kritiker sagen, sie steht zwar drin, aber es wird nichts daraus. Was entgegnen Sie?

Seehofer: Es gibt eine Studie, nach der das Bruttoaufkommen, wenn man nur ausländische Fahrer heranzieht, bei 900 Millionen Euro im Jahr liegen würde. Das ist viel Geld. Ich habe monatelang gehört, wir würden das gegenüber CDU und SPD nicht durchkriegen. Im Vertrag steht ganz klar, dass wir das schon im nächsten Jahr als Gesetz verabschieden. Es gibt jetzt eben schlechte Verlierer.

 

Das Interview führte Til Huber.