Gstanzl
Früher oft erotisch, heute meist politisch

08.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:48 Uhr

Gstanzl (vom italienischen Stanza: Strophe aus acht elfsilbigen jambischen Versen) sind im bayerischen und österreichischen Alpenraum eine jahrhundertealte Tradition. Die improvisierten Vierzeiler, im Dreivierteltakt und in Mundart vorgetragen, waren Pausenfüller auf dem Tanzboden und Unterhaltung bei Hochzeiten oder im Wirtshaus.

Sie nahmen die Schwächen der Anwesenden oder Verhaltensweisen aufs Korn, drückten Gemütsstimmungen aus – und behandelten mit Vorliebe erotische Themen. Das ging der Obrigkeit und der Kirche schnell einmal zu weit. Erste schriftliche Erwähnung fanden die Gstanzln folgerichtig in Verboten, etwa 1756 in einem „Tanzmandat“, das sich gegen das „Absingen unkeuscher Lieder“ wandte. „Man hat gemeint, man müsste die vermeintlich fehlende Moral unterbinden, die das einfache Volk am Tanzboden auslebte“, erläutert der niederbayerische Bezirksheimatpfleger Maximilian Seefelder.

Heute wird unter Gstanzl vor allem ein politisches Spottlied verstanden. Der Roider Jackl aus Niederbayern verband nach 1945 als Erster die traditionelle Form mit politischen und gesellschaftlichen Themen. Der Landshuter wurde 1931 als Volkssänger entdeckt. Erst nach 1945 wagte er sich mit seinen spitzen Reimen in die Öffentlichkeit. „Jetzt muaß i aufhern zum Singa, sonst wer i berühmt und kriag a so a Denkmal, da wo's Wasser rausrinnt“, sang er. Allein: Es half nichts. Heute erinnern drei Brunnen an ihn, unter anderem auf dem Viktualienmarkt in München. dpa