München
Vorgabenflut reduziert Behandlungszeit für Patienten

01.12.2020 | Stand 09.12.2020, 3:33 Uhr

In der Corona-Pandemie sind die Kassenärzte in Bayern stark gefordert. Behandeln, bald auch impfen - und das alles neben der Versorgung der „normalen“ Patienten. Umso mehr Unmut verursachen die Vorgaben der Politik.

Bei allem Engagement in der Corona-Pandemie ärgern sich die bayerischen Kassenärzte massiv über die Politik. Aus den Gesundheitsministerien in Berlin und München komme eine regelrechte Lawine von Gesetzen und Rechtsverordnungen, klagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), Wolfgang Krombholz, am Dienstag in München. Sein Vorstandskollege Pedro Schmelz betonte: „Eine solche Menge an komplexen Regelungen ist nicht mehr zu bewältigen.“

Zumal die niedergelassenen Ärzte 85 Prozent aller Corona-Verdachtsfälle im Freistaat behandelten und sich zudem auf die Impfungen gegen das Virus vorbereiteten. Doch jede Praxis müsse inzwischen im Schnitt rund 61 Arbeitstage pro Jahr für bürokratische Vorgaben verwenden, betonte Schmelz. „Diese Zeit fehlt explizit für die Behandlung der Patienten.“ Krombholz bemängelte zudem, dass die Gesetze im Bundesgesundheitsministerium zunehmend „nach dem „Motto Schnelligkeit vor Qualität“ entstünden.

Auf Ärger stößt bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie den Psychotherapeuten auch der Nachdruck, mit dem Berlin die Digitalisierung der Praxen vorantreibt. Viele sähen aber schlicht keinen Mehrwert durch einen Anschluss an die Telematik-Infrastruktur, zumal Haftungs- und Datenschutzfragen nach wie vor ungeklärt seien, erläuterte Schmelz. Außerdem fehle es vielerorts noch an schnellen Internet-Anschlüssen.

Die Praxen mit Honorarabzügen daher zur Teilnahme zu „zwingen“, sei unverständlich, so Schmelz. Auch die elektronische Patientenakte, die zu Beginn des kommenden Jahres starten soll, sorge für Bedenken. Die Vertragsärzte befürchteten nicht nur einen bürokratischen Mehraufwand, sondern sähen auch große Gefahren bei der Datensicherheit.

Dies sehen auch die Psychotherapeuten so, die einen Großteil der knapp 22 Prozent der Praxen stellen, die noch nicht an die digitale Infrastruktur angeschlossen sind. Es sei nicht zu erwarten, dass deren Patienten ihre Daten in einer Cloud speichern wollten, betonte KVB-Vorstandsmitglied Claudia Ritter-Rupp. Sie kritisierte auch die neuen Befugnisse der Krankenkassen, Patientendaten auszuwerten und auf die Behandlung Einfluss zu nehmen.

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dpa