Nürnberg/München
Schwieriges Geschäft mit der Liebe in Zeiten von Corona

18.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:43 Uhr
Unbelebtes Rotlichtviertel rund um das Nürnberger Frauentor. −Foto: Daniel Karmann/dpa

Die Bordelle sind dicht. Prostituierte verlieren Einnahmen und zum Teil auch die Bleibe. Machen Porno-Seiten jetzt gute Geschäfte?

Die Liebe hat es schwer in den Zeiten des Coronavirus - zumindest die käufliche. Bordelle müssen schließen, Escort-Services vermitteln zum Teil keine Damen mehr. Doch besonders dramatisch ist die Situation für die Prostituierten. „Die Frauen verdienen kein Geld mehr“, sagte Hedwig Christ von der Nürnberger Beratungsstelle Kassandra der Deutschen Presse-Agentur. Seit Anfang der Woche riefen dort ständig verunsicherte Frauen an, die nicht mehr wüssten, wie es weiter gehen soll. Viele der Prostituierten wohnen auch in den Bordellen und können jetzt keine Miete mehr bezahlen.

Rund 32.800 gemeldete Prostituierte arbeiteten Ende 2018 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Deutschland, davon fast 6400 in Bayern. Etwa 90 bis 95 Prozent der Frauen stammten aus dem Ausland, der Großteil davon aus Osteuropa, sagte Christ. Wegen der Corona-Krise könnten viele von ihnen nicht in ihre Heimat zurückkehren. „Wir befürchten, dass die Frauen auf der Straße landen“, sagte Christ. „Momentan können wir aber noch nicht abschätzen, wie dramatisch es wird.“

Einige Bordellbesitzer lassen die Frauen weiterhin in den Zimmern wohnen. Im Münchener Leierkasten leben zurzeit 26 Prostituierte, 19 Zimmer stehen leer. „Wir können die Frauen ja nicht auf die Straße setzen. Sie wären sonst aufgeschmissen“, sagte Besitzer Deniz Müller. Seit zwei Wochen kämen weniger Kunden in sein Haus. „Wir haben Einbußen von 50 bis 60 Prozent - und jetzt 100 Prozent Ausfall.“ Am Montag hatten Bund und Länder entschieden, die Bordelle zu schließen, um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen.

Das Rotlichtviertel rund um das Nürnberger Frauentor wirkt dieser Tage wie verlassen. Die Stühle direkt am Fenster, auf denen sich die Damen sonst leicht bekleidet der Kundschaft präsentieren, sind leer. Einige Bordelle haben die Rollläden runtergelassen, die Leuchtreklamen sind abgeschaltet. „Es ist wie in einer Geisterstadt hier“, sagte Alfred Kern, der zwei Bordelle in der Straße betreibt. 32 Frauen arbeiten dort. Einige seien ausgezogen. Die verbliebenen 19 lasse er mietfrei in den Zimmern wohnen.

Zur Sexarbeit - egal, ob im Bordell oder im Escort-Service - gehört viel Körperkontakt. Deshalb sind Prostituierte und deren Kunden besonders gefährdet sich anzustecken. Die Angst davor bekommt auch die Agentur Royale Escort in München zu spüren. Seit Anfang März gebe es nur noch wenig Buchungen. „Geschäftsreisen werden abgesagt, dadurch kommen auch keine Buchungen zustande“, sagte Inhaberin Susanne Horn. Inzwischen hat sie die Vermittlung komplett eingestellt - aus Sorge um die Gesundheit der Damen und der Klienten.

In der digitalen Welt lässt sich in Zeiten von Corona dagegen gefahrlos sexuelle Anregung finden. Die Erotikseite xHamster verzeichnet eigenen Angaben nach jetzt schon mehr Interesse an den Videos. „Wir erwarten definitiv auch weiterhin mehr Zugriffe, je länger diese Ausnahmesituation anhält“, sagte Sprecher Walter Hasenclever. „Man muss aber auch bedenken, dass Personen, die mit ihren Familien in Quarantäne sind, nicht mehr die Möglichkeit haben, online zu gehen, wann immer sie möchten.“

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Gemeldete Prostituierte in Deutschland

dpa