Würzburg
Schuster, Marx und Bedford-Strohm mahnen im Pogrom-Gedenken

08.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:17 Uhr
Josef Schuster bei der Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht von 1938. −Foto: Nicolas Armer

Die Pogromnacht am 9. November 1938 markierte den Beginn der systematischen Judenverfolgung. In Würzburg haben die ranghöchsten Vertreter der Juden, der Katholiken und der Protestanten gemeinsam der Opfer gedacht.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland hat davor gewarnt, die zunehmende Macht von rechten Politikern zu unterschätzen. „Unsere Demokratie ist ohne Frage weitaus gefestigter, als es die Weimarer Republik je war. Auf die leichte Schulter sollten wir das Erstarken des rechten politischen Randes dennoch auf keinen Fall nehmen“, sagte Josef Schuster am Donnerstag in Würzburg bei einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 80. Jahrestages der Pogromnacht 1938.

So sei die AfD mittlerweile im Bundestag und allen Landesparlamenten vertreten. Er merke, wie schwer sich die anderen Parteien täten, dem Populismus und der Aggressivität der AfD wirksam standzuhalten und entgegenzutreten, ohne zu den gleichen Mitteln zu greifen.

Gleichzeitig aber habe die Gesellschaft auf die rechten Tendenzen der vergangenen Monate reagiert. „Ich spüre eine demokratische Aufbruchstimmung. Die Neonazi-Aufmärsche in Chemnitz, der Streit um die Flüchtlingspolitik, die verbalen Ausfälle einiger AfD-Politiker - all das hat die Menschen wach gemacht. Sie kämpfen wieder für die Demokratie“, sagte Schuster weiter. Das seien „ermutigende Signale“, die 80 Jahre nach den Novemberpogromen von 1938 sehr wertvoll seien.

In den Tagen um den 9. November 1938 wurden von den Nazis zentral gesteuert überall in Deutschland Menschen jüdischen Glaubens verhaftet und ermordet, Wohnungen verwüstet sowie Synagogen in Brand gesetzt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, betonte, dass das Gedenken an die Pogromnacht auch heute noch sinnvoll und notwendig sei. Der 9. November 1938 habe gezeigt, dass Demokratie nicht selbstverständlich sei. „Die rechtsstaatliche Demokratie ist immer eine gefährdete Staatsform“, die auf den geteilten Überzeugungen der Bürger beruhe. „Deswegen ist es so wichtig, dass wir erinnern.“

Die Demokratie gerate außerdem nicht nur durch Taten und Rechtsbrüche ins Wanken. „Die Verrohung der Sprache führt zur Verrohung der Sitten, dann zur Gewalt, dann zur Missachtung des anderen und dann zur Vernichtung.“ Das hätten auch die letzten Jahre der Weimarer Republik deutlich gezeigt.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, ergänzte: „Es geht darum, das Geschehene nicht einfach Geschichte sein zu lassen, sondern die Erinnerung wachzuhalten und zwar in dem Sinne, dass daraus eine Verantwortung für Gegenwart und Zukunft erwächst.“

dpa