Fürth
Zigarren, Souvenire: Ludwig Erhards Nachlass ausgestellt

24.01.2022 | Stand 01.02.2022, 3:34 Uhr
Blick in die Ausstellung „LUDWIG ERHARD - IM ORIGINAL“ im Ludwig-Erhard-Zentrum. −Foto: Matthias Merz/dpa

Jahrelang war sein Verbleib unklar, jetzt hat es der private Nachlass von Ludwig Erhard zurück in seine Heimat Fürth geschafft. Er erlaubt Einblicke in die Nachkriegszeit. Dass es ein Franke zu Kanzlerwürden brachte, lässt auch einen CSU-Politiker aufhorchen.

„Geld ist noch verborgen“ - einen Zettel mit diesem Satz und weiteren Anweisungen trug Ludwig Erhard wohl in seinem Geldbeutel bei sich. Traute ausgerechnet der CDU-Politiker - für viele der „Vater der Sozialen Marktwirtschaft“ - den Banken nicht und versteckte Geld in Kommode und Kleiderschrank? Gegenstände wie der handbeschriebene Zettel aus dem privaten Nachlass des zweiten Kanzlers der Bundesrepublik sind von Montag an im Fürther Ludwig Erhard Zentrum (LEZ) zu sehen. Die Ausstellung erlaubt Einblicke in den Alltag, aber auch in die „große Politik“ in der Nachkriegszeit. Der Nachlass hat eine turbulente Geschichte hinter sich und ist in Fürth erstmals für die Öffentlichkeit zu sehen.

„Da sind sehr kuriose Stücke dabei“, sagte Evi Kurz, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Ludwig-Erhard-Haus, vor der Ausstellungseröffnung am Montag. Kurz hatte den Kauf des Nachlasses entscheidend vorangetrieben. Im 2018 eröffneten LEZ ausgestellt werden nun etwa Mitbringsel von Reisen des Politikers Erhard: In Seoul oder Washington bekam er Stadtschlüssel, von einer US-amerikanischen Universität Talar und Doktorhut, bei einem Besuch bei einem Besuch mit Lyndon B. Johnson in einem Raketenzentrum das Modell einer NASA-Rakete.

Ausgestellt werden auch Gehstöcke des als Kind erkrankten und im Krieg verwundeten Mannes sowie Zigarren - die waren das Erkennungsmerkmal des Politikers. Eine goldene Schatulle dafür bekam er etwa vom damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy. Um die Zigarre gebe es viele Märchen, sagte Elisabeth Leutheusser-von Quistorp, damals Hausdame im Kanzlerbungalow. Er habe geraucht - die Zigarre sei aber nicht immer an gewesen. Erhard sei ein Familienmensch gewesen, „durch und durch“. Die private Seite beleuchten etwa Fotos, Gemälde, Geschirr, Möbel oder ein Kochbuch seiner Frau Luise.

Große Teile des Nachlasses haben eine jahrzehntelange Odyssee hinter sich: 1993 verkaufte ihn die Ludwig-Erhard-Stiftung. Der Fall machte damals Schlagzeilen, weil der Zuschlag an einen Bonner Kunsthändler ging. Museen gingen leer aus - etwa das damals im Aufbau befindliche Haus der Geschichte in Bonn hätte an einzelnen Stücken Interesse gezeigt. Was danach damit passierte? „Wir wissen's tatsächlich nicht“, sagte Evi Kurz. Letztendlich wurde der Nachlass für eine „sehr, sehr niedrige sechsstellige Summe“ von einer südafrikanischen Privatperson gekauft.

Der gebürtige Fürther Erhard war in der ersten bayerischen Staatsregierung sowie in der ersten Bundesregierung nach dem Zweiten Weltkrieg Wirtschaftsminister und von 1963 bis 1966 Bundeskanzler. Vielen gilt er als mitentscheidend für den wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg. Erhard sei zeitlos, seine Idee hochmodern, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag in einem Grußwort. Er sei außerdem „auch irgendwie ein cooler Typ“ gewesen. „Diesen Mut zu haben, in der Nachkriegszeit solche Ideen zu entwickeln“, da gehöre Mumm, Überzeugung und Haltung dazu. „Und: Er war der einzige Franke, der bisher Bundeskanzler war“, sagte der gebürtige Nürnberger Söder.

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dpa