Freistaat bekämpft "Corona-Dauerwelle"

Jeder Bayer kann sich nun jederzeit, kostenlos und beliebig oft auf das Virus testen lassen

30.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:38 Uhr
Ministerpräsident von Bayern, kommt nach einer Sitzung des bayerischen Kabinetts zu einer Pressekonferenz. Schwerpunkt der Sitzung war die Corona-Krise. −Foto: Sven Hoppe/dpa

München - Man freue sich ja grundsätzlich über jeden, der nach Bayern komme, befanden gestern Ministerpräsident Markus Söder (CSU, Foto) und Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Aber die staatliche Zusage, dass sich ab Mittwoch, 1. Juli, jeder auf Corona testen lassen könne, und zwar freiwillig, jederzeit, auch ohne Symptome, kostenlos und beliebig oft, diese Zusage gelte eigentlich nur für Bayern und nicht für die übrigen Bundesbürger oder Ausländer.

Dass überhaupt danach gefragt wurde, zeigt zumindest eines: Das bayerische Corona-Testprogramm, das sich der Freistaat fürs Erste mal 200 Millionen Euro kosten lässt, ist bundesweit einigermaßen einmalig. Zumal Söder bereit ist, jederzeit Geld nachzulegen, falls nötig. Denn gleich, ob die Welt in Sachen Corona nun vor einer "zweiten Welle oder einer Dauerwelle" stehe, so Söder, komme man an einem nicht vorbei: "Testen, testen, testen."

Zwingend notwendige Voraussetzungen für das Test-Versprechen: Erstens, dass es überhaupt genügend Test-Kapazitäten gibt. Zweitens, dass die Tests finanziert werden - was der Freistaat macht, sofern nicht die Krankenkassen zahlen. Und drittens: Dass die Ärzte die Tests abrechnen können, denn bisher habe es nur eine Abrechnungsnummer für diejenigen Fälle gegeben, in denen jemand mit entsprechenden Symptomen zum Arzt kam. Nun, so Huml, gebe es auch eine Abrechnungsnummer für symptomlose Tests.

Und sollten manche Ärzte weiter wenig Lust aufs Testen haben, so die Gesundheitsministerin weiter, werde man demnächst auch "eine Liste anbieten, wo man hingehen kann, sollten einige Ärzte nicht so mitziehen". Dort würden dann auf jeden Fall die Corona-Tests durchgeführt.

Neben der Tatsache, dass sich also ab jetzt jeder testen lassen kann, der will, gebe es weiterhin Priorisierungen, so Söder und Huml: Wer Symptome habe, der solle innerhalb von 24 Stunden getestet und innerhalb von 24 Stunden sein Testergebnis bekommen. Außerdem getestet werden enge Kontaktpersonen von Erkrankten. Hinzu kommen Reihentestungen im Rahmen von Ausbruchsgeschehen. Besondere Testangebote vor Ort, inklusive Wiederholungstests (obwohl, wie gesagt, sich ohnehin jeder freiwillig jederzeit testen lassen kann) soll es ab jetzt für das Personal in Kindertageseinrichtungen geben. Das Schulpersonal folge dann nach den Sommerferien.

Weitere Testungen, in aller Regel organisiert durch öffentlichen Gesundheitsdienst beziehungsweise Träger, werden angeboten für Mitarbeiter und Bewohner in Alten- und Pflegeheimen, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, in Einrichtungen der ambulanten Eingliederungshilfe sowie in Krankenhäusern. Hinzu kommen Testangebote in Risikogebieten, in der kritischen Infrastruktur, etwa auch in Gefängnissen, und anlassbezogen, etwa in Schlachthöfen.

Bei rund 30000 soll die tägliche Testkapazität im Freistaat bald liegen, die Erwartung ist, dass man auch auf bisher unentdeckte Infektionsausbrüche stößt. Es könne sein, dass die Infizierten-Zahlen dadurch steigen würden, machte Söder deutlich, doch nicht zu testen sei keine Alternative. Er erwartet dadurch "ein relativ klares Bild der Situation".

Die Corona-App, die nun, zwei Wochen nach Einführung, erstmals die kritische Größe von 14 Millionen Nutzern überschritten hat, sieht Söder neben dem bayerischen Testkonzept sowie den Abstands- und Hygieneregeln als wesentliche Voraussetzung, um mit Corona umgehen zu können.

Für Söder geht das bayerische Test-Konzept mit den Lockerungen einher. Deshalb seien gestern auch keine weiteren Lockerungen beschlossen worden - erst wolle man sehen, welche Auswirkungen die zurückliegenden Lockerungen zeigen, so Söder. Wobei, in einem Bereich gab es gestern dann doch eine Entschärfung zu verkünden: Bei Veranstaltungen in Theatern, Konzerthäusern und Kinos gilt die Maskenpflicht nun nicht mehr, sobald man als Besucher seinen Platz eingenommen hat. Abstands- und Hygienevorschriften freilich gelten auch weiterhin.

Die Kritik der AfD, seine "Corona-Tests für alle sollen offensichtlich Grundlage für die vorausgesagte zweite Welle werden", bezeichnete der Ministerpräsident als absurd. Ein Blick auf die USA zeige, dass das Ignorieren von Corona im Desaster ende.

DK/Foto: Hoppe, dpa


Alexander Kain