München
"Fragwürdiger Nutzen - massiver Schaden"

FW-Chef Hubert Aiwanger erklärt, warum er gegen Flutpolder bei Regensburg ist

11.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:56 Uhr

München (DK) CSU und Freie Wähler haben im Koalitionsvertrag vereinbart, auf vor Ort umstrittene Flutpolder im Oberlauf der Donau zu verzichten. Das kommt am Unterlauf der Donau, in der in der Vergangenheit von katastrophalen Hochwässern heimgesuchten Region von Straubing über Deggendorf bis Passau, gar nicht gut an.

Im Gespräch mit der "Passauer Neuen Presse" und dem "Donaukurier" stellt der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, nun klar: Die Flutpolder bei Regensburg wären immens teuer, hätten aber kaum Auswirkung auf das Hochwasser im Unterlauf. Dafür gäbe es sinnvollere Maßnahmen. "Die Menschen neben dem Polder in Regensburg haben Angst, hinter einer neun Meter hohen Dammkonstruktion leben zu müssen, von der niemand weiß, ob sie im Falle der Flutung und nach tagelangem Aufweichen wirklich standhält."

"Wir müssen zeitnah für den Bereich Straubing bis Passau Hochwasserschutz umsetzen, der auch wirklich hilft. Wer meint, mit einem Polder in Regensburg Hochwasserschutz für das rund 70 Kilometer entfernte Deggendorf zu bekommen, der vereitelt nur sinnvollere Maßnahmen und vergeudet kostbare Zeit", sagte Aiwanger. "Nachdem schon Jahrzehnte vergeudet worden sind wegen der nutzlosen Debatte um den Staustufenausbau der Donau für eine Verbesserung der Schifffahrt, wäre es jetzt fatal, wieder zehn Jahre lang eine neue Stellvertreterdebatte um den Polder Regensburg zu führen."

Laut einem Gutachten von Peter Rutschmann von der TU München hätte ein Polder in Regensburg im günstigsten Fall, wenn also zum richtigen Zeitpunkt geflutet wird, im 30 Kilometer donauabwärts gelegenen Straubing maximal 14 Zentimeter Auswirkung auf den Wasserspiegel, so Aiwanger, der dabei auf die Seite 109 des Rutschmann-Gutachtens verweist. Im 70 Kilometer donauabwärts gelegenen Deggendorf oder gar im noch einmal 50 Kilometer weiter gelegenen Passau "wäre der Effekt weg", so Aiwanger. "Zu beachten ist dabei, dass kein Experte der Welt die komplexen Zusammenhänge eines Hochwassers, die auch jedesmal anders sind, entsprechend berechnen kann." Nebenbei merkt der Freie-Wähler-Chef noch an, dass die Polder bei Regensburg mit einer Gesamtgröße von 13 Quadratkilometern "massive Auswirkungen auf die dortigen Anlieger hätten". Der Grundwasserspiegel sei dort bereits jetzt an der Kellersohle und würde bei einer Polderflutung weiter steigen und bestehende Häuser unter Wasser setzen, fürchtet Aiwanger. Sogenannte "Brunnengalerien", um das zu verhindern, seien "nicht zuverlässig genug und sehr aufwändig".

Insgesamt würden die Baumaßnahmen mehrere hundert Millionen Euro kosten - "für einen äußerst fragwürdigen Nutzen, aber massivem Schaden vor Ort", wie Aiwanger findet. "Außerdem: Deggendorf/Fischerdorf ist 2013 vor allem durch die Isar betroffen gewesen, nicht durch die Donau. Passau ist zusätzlich vor allem durch den Inn und andere Zuflüsse gefährdet. Auch hier müssen sinnvolle Maßnahmen überlegt werden", so Aiwanger.

Man habe deshalb im Koalitionsvertrag neben mehr dezentralem Hochwasserschutz mit vielen kleinen Rückhaltemöglichkeiten auch ein besseres Staustufenmanagement eingefordert. "Beispielsweise ist bei Regensburg der Wasserspiegel der Donau um sieben Meter angestaut - zu Zwecken der Wasserkraftnutzung. Bei nahendem Hochwasser müsste dieser Wasserspiegel meiner Meinung nach massiv abgesenkt werden, um das Stauvolumen des Flussbettes zu nutzen, anstatt maximal Strom zu erzeugen und dann die Felder der Landwirte durch Polder zu fluten", findet Aiwanger. "Es gibt also viele sinnvollere Stellschrauben als einen Polder, der durch Raumordnung, Enteignungsverfahren und Gigantomanie beim Bau erst in rund 20 Jahren den Beweis antritt, dass das Steuergeld beim Fenster rausgeschmissen worden ist, während die Bewohner in Deggendorf in trügerischer Sicherheit leben."

Alexander Kain