Krieg in der Ukraine
«Willkommensgruppen» an Schulen geplant

12.03.2022 | Stand 13.03.2022, 20:44 Uhr

Michael Piazolo - Michael Piazolo (Freie Wähler), Kultusminister von Bayern, spricht. - Foto: Sven Hoppe/dpa

Geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine sind in Bayern eigentlich erst nach drei Monaten schulpflichtig. Nun wird an einer Übergangslösung gearbeitet. Die Lehrkräfte sind für Willkommenskultur - weisen aber darauf hin: Irgendjemand muss die Arbeit auch machen.

An bayerischen Schulen sollen nach Plänen des Kultusministeriums Willkommensgruppen eingerichtet werden, um geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine das Ankommen zu erleichtern. Der Besuch soll für die Schüler freiwillig sein, damit sollen sie schon vor Beginn der eigentlichen Schulpflicht bestmöglich aufgefangen werden, wie das Ministerium mitteilte. «Wir wollen den vielfach traumatisierten Kindern und Jugendlichen Halt und Stabilität geben und sie keineswegs alleine lassen», sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler).

Es gehe um soziale Begegnungen, außerdem solle das neue Umfeld erkundet und spielerisch Deutsch gelernt werden. In einem zweiten Schritt sollen die Kinder und Jugendlichen in Regelklassen aufgenommen werden. Die Teilnahme an den Willkommensgruppen ist dafür aber keine Voraussetzung. Für Geflüchtete beginnt die Schulpflicht erst drei Monate nach der Ankunft in Bayern.

Für die Gruppen sollen laut Ministerium Lehr- und Unterstützungskräfte eingesetzt werden, unter anderem mit ukrainischen Sprachkenntnissen. Die Angebote soll es demnächst möglichst an allen Schularten geben. An welchen und wie vielen Schulen genau, steht noch nicht fest. Man werde sie bedarfsorientiert einrichten, sagte eine Ministeriumssprecherin.

Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), sagte, jeder Gedanke von Willkommenskultur sei grundsätzlich willkommen. «Umsetzen und realisieren muss das aber die Schule vor Ort», gab sie zu bedenken. Die brauche finanzielle Ressourcen und Rückendeckung. «Wir haben halt blöderweise auch noch Lehrermangel», sagte sie. Man könne wunderbare Zielvereinbarungen und Konzepte für Integration aufschreiben - «die fruchten nicht, wenn wir vor Ort nicht das Personal haben.»

Unterstützungskräfte, die für solche Gruppen in Frage kommen könnten, würden etwa gerade dazu «missbraucht», den Lehrermangel zu stopfen. «Der Förderlehrer fördert nicht mehr, sondern ist in der 7c», sagte die BLLV-Präsidentin. Konkret forderte sie unbürokratisches Handeln - etwa beim Einsatz von Unterstützungskräften oder wenn geflüchtete Lehrkräfte aus der Ukraine mit herangezogen würden. Außerdem müssten Schulleiter, die auch als Lehrkräfte tätig sind, aus dem Unterricht herausgehalten werden.

In den Schulen müsse man außerdem sehr individuell hinschauen und anbieten, was die einzelnen geflüchteten Kinder überhaupt bräuchten und auch annehmen wollten, sagte Fleischmann. Die Situation sei vermutlich anders als 2015, bei vielen Kindern ginge es erstmal nicht darum, hierzubleiben. Statt um Schule ginge es bei vielen Kindern und Müttern aus der Ukraine um akute Fragen wie: «Wo ist Papa? Ist mein Haus noch da? Und bleiben wir hier?».

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