München
Der ehrenamtliche Abgeordnete

Der CSU-Politiker Bernd Posselt kämpft um eine Rückkehr ins Europaparlament

19.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:04 Uhr
Petr Jerabek

München (DK) Mehr als vier oder fünf Stunden pro Nacht schläft er auch sonst nicht, in diesen Tagen sind es noch weniger.

"Ich brauche Gott sei Dank sehr wenig Schlaf", sagt Bernd Posselt. Neben seinen Spitzenämtern bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft, der Paneuropa-Union und der Union der Vertriebenen betreibt der Münchner CSU-Politiker gerade intensiv Wahlkampf: Nach fünf Jahren will Posselt wieder zurück ins Europaparlament - obwohl er eigentlich nie ganz weg war.

Denn als er 2014 nach 20 Abgeordneten-Jahren den Wiedereinzug ins Europaparlament verpasste, machte er einfach weiter, als wäre nichts passiert. Nur eben ohne Mandat und auf eigene Kosten. "Es gibt Millionen Menschen, die sich ehrenamtlich für Europa engagieren", sagt der 62-Jährige. "Warum sollte ich mich nicht ehrenamtlich einsetzen und meine Erfahrungen, Kenntnisse und Netzwerke einbringen? "

Posselt fungierte seither als außenpolitischer Berater der CSU-Europagruppe, reiste weiterhin zu jeder Plenarsitzung nach Straßburg, nahm an Fraktionssitzungen und Treffen von Arbeitsgruppen teil. Das brachte ihm vorübergehend große mediale Aufmerksamkeit ein: Zeitungen in ganz Deutschland berichteten über den arbeitswütigen Mann aus Bayern, der sein Ruhegehalt als Ex-Parlamentarier dafür nutzt, weiter das Leben eines Abgeordneten zu führen.

Der "Focus" beschrieb Posselt kürzlich als "unkaputtbaren Eurobomber", der 62-Jährige selbst sieht sich als einen "Handlungsreisenden in Sachen Völkerverständigung". Das ist der gemeinsame Nenner all seiner Ehrenämter: Kaum jemand sonst hat sich stärker für die deutsch-tschechische Versöhnung engagiert und sein Leben so konsequent einem geeinten demokratischen Europa verschrieben. Posselt hielt an seiner proeuropäischen Linie auch dann eisern fest, wenn aus der CSU-Spitze mal wieder widersprüchliche Signale zur Europapolitik kamen.

"Europa ist für ihn echte Lebensaufgabe", schrieb CSU-Vizechefin Angelika Niebler kürzlich über Posselt. Durch sein ehrenamtliches Engagement in Straßburg halte er sich auf dem Laufenden - "auch wenn es ihm schwerfällt, nicht selbst das Wort im Parlament und den Gremien ergreifen zu können". Auch deshalb eilt Posselt im Kampf um Wählerstimmen bis 26. Mai von Termin zu Termin. "Jeden Tag mehrere Versammlungen, ich habe sehr viele Infostände", sagt er. Bei seinen Kundgebungen stehen ihm zuweilen Spitzenpolitiker aus anderen Ländern zur Seite, zum Beispiel Kroatiens Außenministerin Marija Pej? inovi? Buri oder der Landeshauptmann der Steiermark, Hermann Schützenhöfer. Posselt ist in Europa bestens vernetzt. "Bei früheren Europawahlen ging es nach Ansicht vieler Menschen um den Krümmungsradius der Gurke. Dieses Mal geht's um die Wurst", betont Posselt in diesen Wochen immer und immer wieder. "Ich sehe momentan sehr deutlich, dass der Nationalismus überall in Europa wieder sein hässliches Haupt erhebt. " Er sei entschlossen, dagegen zu kämpfen.

Seine Erfolgsaussichten bei der Europawahl sind ungewiss. Posselt tritt auf Platz 7 der CSU-Liste an, vor fünf Jahren kam er mit Rang 6 nicht ins Parlament. Und der Umfragewert für die CSU im BR-BayernTrend lag zuletzt mit 39 Prozent sogar unter dem Resultat von 2014 (40,5 Prozent). Dennoch zeigt sich der 62-Jährige optimistisch, es wieder ins Parlament zu schaffen. "Ich bin fast sicher, dass es klappt. " Doch selbst wenn es dann am 26. Mai für ihn nicht reichen sollte - für Bernd Posselt steht fest: "Ich werde mich immer für die europäische Einigung einsetzen. Bis zum letzten Schnaufer. "

Petr Jerabek