Eining
Ein neuer Blick auf die alten Römer

03.06.2011 | Stand 03.12.2020, 2:45 Uhr

Ein Modell des antiken Römerkastells aus Aluminium: Rechtzeitig zu Beginn der Ausstellung in Eining wurde die Miniatur aus den Händen eines Wettstettener Modellbauers aufgebaut - Foto: Ingenthron

Eining (gi) Es gibt Orte, die einen ganz besonderen Charme haben. Abusina, wie das Kastell Eining in antiker Zeit hieß, ist so ein Ort. Dort wird römische Geschichte erlebbar gemacht, jetzt ist das gesamte Gelände neu gestaltet worden. Am Sonntag eröffnet die Ausstellung.

Wie ein verwunschenes Gelände in leicht hügeliger Landschaft liegt das Römerkastell nahe dem Dörfchen Eining, einem Ortsteil von Neustadt an der Donau (Kreis Kelheim). Gemächlich fließt das Flüsschen Abens vorbei. Das Gelände ragt heraus – wie aus einer anderen Zeit.

Dem heutigen Besucher war das Kastell mit seinen über 1900 Jahre alten Steinen bis dato nur schwer verständlich zu machen. Generationen von Bürgermeistern und Hobbyarchäologen sind daran gescheitert. Thomas Reimer, dem heutigen Neustädter Rathauschef, ist es nun geglückt, den Ort wieder erlebbar zu machen. Wenn an diesem Sonntag das Kastell mit seinen Neuinstallationen eröffnet wird, fällt eine "große Last von meinen Schultern", sagt er.

Abusina ist Teil des obergermanisch-raetischen Limes, der 2005 zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt wurde. Das Kastellgelände wurde bereits im 19. Jahrhundert archäologisch voll erschlossen und ist damit "die größte ganz ausgegrabene Kastellanlage im süddeutschen Raum", sagt Reimer. Aber Aufbauten, um ihre Erlebbarkeit zu erhöhen, sind nicht erlaubt. "Bei Rekonstruktionen hätten wir Ärger mit der Unesco bekommen", erzählt der Bürgermeister. Darum sei es lange Zeit so geblieben, wie es die Archäologen vorgefunden haben. "Das ist aber gleichzeitig unser Alleinstellungsmerkmal gegenüber Pfünz oder Weißenburg", sagt Reimer. Aufbauten, wie dort, gibt es hier nicht.

Während der zweijährigen Bauzeit mussten strikte Auflagen erfüllt werden. So sollten sämtliche Baumaßnahmen reversibel sein und nicht tiefer als zehn Zentimeter in den Boden gehen, weil bereits unter der Grasnarbe archäologische Befunde liegen.

Eine fast nicht zu bewältigende Aufgabe. Gelöst hat sie das Düsseldorfer Designer-Team "nowakteufelknyrim". Es hat ein Ausstellungskonzept entwickelt mit minimalen Eingriffen in das 147 mal 125 Meter große Gelände. Hoch aufragende Konstruktionen aus mächtigen rostigen Stahlrahmen setzen markante Punkte in das flache Gelände, ohne es zu überfrachten. Sie symbolisieren die Tore zu den einzelnen Gebäudeteilen und geben dem Betrachter wesentliche Informationen an die Hand. "Wie riesige Zeitfenster", sagt Michael Krey, der Architekt im Designerteam.

Im Norden ragt nun das Haupttor, die Porta Praetoria, empor. Im Zentrum des kaiserzeitlichen Militärlagers befindet sich das Stabsgebäude, in dem die Diensträume, die Waffenkammer und das Fahnenheiligtum liegen. Nördlich davon erschließt sich das komfortable Wohngebäude des Kommandanten. Darüber hinaus verfügt das Lager über alle anderen Bauten wie sie für Militärlager üblich waren: Mannschaftsbaracken, Pferdeställe, Werkstätten, Lazarett und Arrestgebäude. Ein groß angelegtes Bad und eine erstaunlich große Raststation zeugen von der gepflegten Alltagskultur, die die Römer in die entlegensten Gebiete des Reiches brachten.

Die rostigen Konstruktionen der Tore erschließen nicht nur die Gebäude. Wer durch sie schreitet, betritt gleichsam eine fremde Zeit, die auch akustisch erlebbar wird, erklärt Architekt Krey. Alltagsgeräusche wie Hufgeklapper oder brüllende Römer werden durch einen Bewegungsmelder ausgelöst und durch so genannte Audio-Solarelemente zugespielt.

Den besten Blick auf das Gelände hat man vom Eingangsturm aus, der auf dem Grundriss des alten Pavillon steht. Diesen fest verankerten Gebäudeteil hat das Landesamt für Denkmalpflege, das Kastell ist im Besitz des Freistaates Bayern, ausdrücklich genehmigt.

Auch eine Aussichtskanzel, die in luftiger Höhe über das Flusstal ragt, musste fest installiert werden. Sie eröffnet den Blick auf die geostrategisch wichtige Position, die die römische Kohorte im Grenzgebiet verteidigen sollte.

Der Hang darunter beginnt an seinen Rändern bereits auszufransen. Die oberste Denkmalbehörde hat mit Sicherungsmaßnahmen begonnen. Stahlnägel wurden in das Erdreich getrieben. Eine unschöne Schotterstraße zieht sich durch das Kastellgelände. Auf ihr sollen demnächst Baustellenfahrzeuge anrücken – zum Ärger des Architekten. "Die Straße stört empfindlich das Gesamtbild", erklärt Krey.

Auch nach seiner Neuinszenierung bleibt das Kastell Abusina eine heikle Angelegenheit. Die Besucher wissen die Bemühungen indes schon jetzt zu schätzen: Am Freitag waren spontan eine Gruppe Radler und eine Familie zur Besichtigung vorbeigekommen.