Eichstätt
Eine Frage des Vertrauens

Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel sprach in Eichstätt über die Grundvoraussetzungen einer erfolgreichen Politik

24.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:18 Uhr

Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel sprach in Eichstätt über das Thema Vertrauen in Politik und Wirtschaft. - Foto: Richter

Eichstätt (DK) Natürlich war es ein Streifzug im Schnelldurchlauf quer durch das politische Leben des Theo Waigel. Alles andere hätte verwundert. Der frühere Bundesfinanzminister sprach am Montagabend an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zum Thema "Vertrauen als Grundvoraussetzung für Handeln in Wirtschaft und Politik". Sein Vortrag bildete den Auftakt der Ringvorlesung "K'Universale" an der Hochschule, einem interdisziplinären Diskurs zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen. Im laufenden Studienjahr befasst sie sich mit "Vertrauen".

"Wir erleben derzeit eine tiefe Krise des Vertrauens, die alle Bereiche des öffentlichen Lebens prägt", stellte Martin Kirschner, Professor für Theologie in Transformationsprozessen, im Prolog des Abends fest. "Die Wahlerfolge populistischer Bewegungen bringen ein verbreitetes Misstrauen gegen Politik und Politiker, Medien und das Establishment zum Ausdruck und schüren es." Der Terror ziele direkt auf unser Grundvertrauen und versuche, Angst und Schrecken zu verbreiten und Religionen und Menschengruppen gegeneinander aufzubringen. "Wie kann eine verlässliche Zusammenarbeit mit Trump, Erdogan oder Putin aussehen - ist ihnen zu trauen", warf der Professor eine Frage auf, die viele beschäftigt.

Solche Herausforderung hatte es indes schon immer gegeben, wie Theo Waigel erläuterte. Vertrauen sei eine Grundvoraussetzung in der Politik, nicht nur innerhalb der eigenen Reihen, sondern auch gegenüber der Opposition und bei internationalen Beziehungen. Wobei mitunter auch Misstrauen angebracht sei. "Trau, schau, wem, sagt der Volksmund und besagt damit, dass Vertrauen nicht unbeschränkt gelten kann", stellte der frühere Bundesfinanzminister fest. "Vertrauensbeziehungen basieren auf Gegenseitigkeit, gemeinsamen Erfahrungen, gegenseitigem Verstehen - Vertrauen und Kontrolle sind gleichberechtigte Komponenten einer Zusammenarbeit. Jeder Mensch benötigt, um bestehen zu können, Vertrauen in sich, in andere und in die Welt." Aber "niemand kann uns eine Garantie geben, dass wir nicht enttäuscht werden". Vertrauen sei manchmal auch einfach Mittel zum Zweck. Waigel nannte Beispiele aus seiner Karriere, etwa den Fünf-Milliarden-Kredit für Michail Gorbatschow, den er nur wegen seines Grundvertrauens in den russischen Politiker gewährt habe. Das Geld sei tatsächlich zurückbezahlt worden. Umgekehrt hätten Gorbatschow und der frühere US-Präsident George Bush Deutschland vertraut, als es um die Wiedervereinigung ging - nicht zuletzt, weil Einheitskanzler Helmut Kohl einer gewesen sei, "auf den man sich verlassen konnte".

Waigel plädierte dafür, eigene Fehler einzugestehen, auf Verlässlichkeit zu setzen und gerade in schweren Zeiten Vertrauen zu schaffen. Angela Merkels Satz "Wir schaffen es" in der Flüchtlingskrise sei im Grunde nicht falsch gewesen - sie hätte nur das "Wie" erklären und das Ganze am besten in ein politisches Projekt einbinden und die Menschen mitnehmen müssen.