Dietfurt
Vor der ersten Audienz

Dietfurt krönt morgen beim Chinesenfasching den neuen Kaiser Fu-Gao-Di

02.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:15 Uhr

Bei der Verwandlung zum Chinesen-Kaiser bekommt Manfred Koller alias Fu-Gao-Di (links) Hilfe von seinem Zeremonienmeister Kai-Se-Mei, der mit bürgerlichem Namen Robert Leopold heißt. Hier verlängert er gerade mit einem Schminkstift den kaiserlichen Bart. - Foto: Hradetzky

Dietfurt (DK) Das Reich der Mitte liegt in der Oberpfalz. Zumindest einen Tag lang. Jedes Jahr verwandelt sich am Unsinnigen Donnerstag die Kleinstadt Dietfurt in Bayerisch-China. Ihr Chinesenfasching ist überregional bekannt. Heuer ist er ein ganz besonderer, gilt es doch einen neuen Kaiser zu krönen.

Fu-Gao-Di heißt der noch ungekrönte Herrscher, der morgen im Anschluss an den Faschingszug auf der Stufenbühne vor dem Rathaus die offiziellen Weihen erhalten wird. Der Dietfurter Chinesenfasching ist einer der bekanntesten Faschingsveranstaltungen im Freistaat. Jedes Jahr strömen bis zu 20 000 Besucher in den südlichen Landkreis Neumarkt, um ihn ja nicht zu verpassen.

Auch heuer werden wieder 50 Fußgruppen und Themenwagen durch die Straßen ziehen - vor allem, um dem neuen Kaiser zu huldigen. Fu-Gao-Di ist der elfte Kaiser von Bayrisch-China. Im Alltag heißt er Manfred Koller und vertreibt als selbstständiger Gewerbetreibender Heizöl.

Koller ist tief mit der Dietfurter Faschingstradition verwurzelt. Sein Bruder Fritz hatte vor ihm als Kaiser Ko-Houang-Di 15 Jahre lang regiert - bis er aus gesundheitlichen Gründen im vergangenen Jahr abdankte. Während der Regentschaft von Ko-Houang-Di gehörte Manfred Koller dem engsten Kreis um den Kaiser an. Damit fiel ihm die Entscheidung nicht schwer, in die Fußstapfen seines Bruders zu treten. Marschierte er in früheren Jahren im Hofstaat dem Drachenwagen des Kaisers voran, so darf er jetzt selbst von dem Prunkgefährt herab seinen Untertanen zuwinken.

Für den 47-Jährigen sind die Auftritte im Chinesenfasching schnell zur Routine geworden. Bei mehreren Bällen hat er sich schon mitsamt Garde und Hofstaat den närrischen Untertanen gezeigt. "Jetzt geht das Anziehen schon viel schneller", erzählt er, "jetzt weiß ich schön langsam schon, wo die Druckknöpfe sitzen."

Alleine braucht Koller sich die verschiedenen kaiserlichen Gewänder ohnehin nicht überzustülpen. Dabei ist ihm Robert Leopold alias Zeremonienmeister Kai-Se-Mei behilflich, den er als seine "rechte Hand" bezeichnet. Dass des Kaisers Kleider alle neu sind, versteht sich von selbst. Und die Krone hat ein örtlicher Künstler eigens für Fu-Gao-Di gefertigt.

Der Dietfurter Fasching geht auf eine alte Anekdote zurück. Der Bischof von Eichstätt soll einst seinen Kämmerer geschickt haben, damit er dort nach dem Rechten sehe und die Steuern eintreibe. Die Dietfurter ließen ihn nicht durch die Stadttore, worauf der Kämmerer dem Bischof verärgert berichtete, dass sich die Dietfurter "wie die Chinesen hinter ihrer Mauer" verschanzt hätten.

Im Jahr 1954 wählten die Dietfurter den Maler Egid Prock zum Kaiser Ma-Ler-Gie. So wie er trugen die meisten Regenten einen chinesisch klingenden Fantasienamen, der sich auf ihren Beruf bezog. So stellte der Friseur Hans Geyer von 1976 bis 1999 Kaiser Boo-Dah-Washy dar. Der Name Fu-Gao-Di hingegen ist durch und durch Chinesisch. Er bedeutet "Glück bringender großer Kaiser". Die Ähnlichkeit mit dem bayerischen "vui Gaudi" ist rein zufällig, aber durchaus willkommen.

Jeder Chinesenfasching hat sein eigenes Motto. Das Aktuelle lautet "Fu-Gao-Di, der Sonnensohn, regiert ab jetzt vom Kaiserthron". An diesem Motto orientieren sich auch die Beiträge der Zugteilnehmer. Ab 14 Uhr - in Dietfurt heißt das 13.61 Uhr - marschieren sie mit dem Schlachtruf "Kille-Wau" durch die Straßen.

Die Kunde vom Dietfurter Chinesenfasching hat sich längst bis nach Fernost herumgesprochen. Mehrfach haben Vertreter der chinesischen Regierung ihm einen Besuch abgestattet. Dem Fasching verdankt Dietfurt auch die im vergangenen Jahr geschlossene Partnerschaft mit Nanjing. Neben hochkarätigen Gästen aus Wirtschaft und Politik werden deshalb auch heuer Vertreter des Konfuziusinstituts in München auf der Ehrentribüne sitzen.