Dietfurt
Unterirdisches Wunderland entdeckt

Der Forscher und Taucher Manfred Walter findet nahe Dietfurt im Altmühltal neuen Höhlenabschnitt

03.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:33 Uhr

Überglücklich war der Höhlenforscher Manfred Walter, als er nach der gefährlichen Durchtauchung eines Siphons einen rund 1500 Meter langen bislang unentdeckten Abschnitt der Mühlbachquellhöhle untersuchen konnte.

Dietfurt (DK) In der Mühlbachquellhöhle bei Dietfurt (Kreis Neumarkt) ist ein rund 1,5 Kilometer langer Abschnitt entdeckt worden, den noch nie ein Mensch betreten hat. Es handelt sich um die bedeutendste Entdeckung, die in Deutschland 2016 auf dem Gebiet der Höhlenforschung gelungen ist.

Das teilte der Höhlenforscher Manfred Walter am Donnerstag unserer Zeitung mit. Nach seinen Angaben dürfte die in dem Dietfurter Ortsteil Mühlbach gelegene Höhle vor rund einer Million Jahre entstanden sein. Damals habe sich das Urdonautal gebildet, durch das heute die Altmühl fließt.

Wie erst jetzt bekannt wurde, gelang Walter und seinem Forscherkollegen Salvatore Busche die spektakuläre Entdeckung, nachdem sie unter Lebensgefahr einen 180 Meter langen Siphon, einen unter Wasser liegenden Höhlengang, durchtaucht hatten. Dabei hatten sich die beiden samt ihrer Tauchausrüstung durch eine teilweise nur 30 Zentimeter breite und 50 Zentimeter hohe Röhre zwängen müssen. Erschwerend kam hinzu, dass die Sicht wegen des durch Sedimente eingetrübten Wassers gleich null war. Die beiden Höhlenforscher waren bei ihrem risikoreichen Vorstoß auf sich alleine gestellt, Hilfe von außen wäre im Ernstfall nicht möglich gewesen. Zudem hatten sie den Siphon erst freigraben müssen.

Für ihre Mühen wurden Walter und Busche reich belohnt. Sie sahen riesige Tropfsteinformationen, die teilweise bis an die Decke der Höhle reichten. "Die Versinterungen waren so überwältigend, dass man sich in ein Wunderland versetzt fühlte", schwärmt der 59-Jährige. Allerdings fanden sie auch Tausende von abgebrochenen Makkaroni-Tropfsteinen. Nach intensiven Recherchen geht Walter davon aus, dass diese Zerstörung eine Folge der Hochwasserkatastrophe im Altmühltal im Jahr 1909 ist. Für seine Theorie spricht die Tatsache, dass die beiden Experten an Tropfsteinen an der Decke der Höhle organisches Material fanden, das in etwa 100 Jahre alt sein könnte.

Damals waren innerhalb von nur 30 Stunden rund sechs Millionen Kubikmeter Wasser durch die Mühlbachquellhöhle gerauscht. Nach den Worten von Walter war im Januar des Jahres 1909 ein extremer Temperaturanstieg erfolgt. Dadurch sei eine "Jahrhundert-Schneeschmelze" ausgelöst worden. Das Wasser habe sich in einem sechs Quadratkilometer großen See nahe des heute ebenfalls zu Dietfurt gehörenden Dorfes Eutenhofen gesammelt. Als die zugefrorenen Dolinen aufbrachen, habe das Wasser aus dem See die Höhlengänge darunter geflutet und den "verheerenden Schaden" angerichtet.

Der großartigen Entdeckung in der Mühlbachquellhöhle, die nun über zehn Kilometer lang ist, ging laut Walter eine zehnjährige Vorbereitungsphase voraus. Dabei habe er rund 650 Tauchgänge in Höhlen absolviert und dabei mehr als 22 Kilometer zurückgelegt.