Die Kür vor der Maskenpflicht

Ingolstädter Geschäftsmann macht aus der Not eine Tugend und entwickelt Schutz aus leichtem Karton

22.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:44 Uhr
Ein paar Mal gefaltet, zwei Laschen eingesteckt und fertig ist der schnelle Mund- und Nasenschutz des Ingolstädters Jochen Weiler. Der leichte Karton ist kostengünstig und lässt sich vor allem ohne Probleme recyceln oder sogar kompostieren. −Foto: Richter

Ingolstadt - In Zeiten von Corona hat nahezu jede Branche ihr Päcklein zu tragen.

 

Die einen kämpfen um ihre Existenz, andere kommen gerade so durch. Aber was tun, wenn der Laden oder das Büro geschlossen bleiben muss und die Kunden ausbleiben? Den Kopf in den Sand stecken? Für den Ingolstädter Jochen Weiler, Geschäftsführer der Design- und Marketingagentur "Junges Blut", die schlechteste Option. "Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, diese Pandemie mit Innovationsgeist und den uns zur Verfügung stehenden Mitteln so gut wie möglich einzudämmen", sagt der 45-Jährige. Herausgekommen ist eine kostengünstige Mund- und Nasenabdeckung, wie sie ab Montag beim Einkauf oder in öffentlichen Verkehrsmitteln von jedem getragen werden muss.

Weiler ist seit knapp 17 Jahren in seinem Beruf tätig; normalerweise arbeitet er an Internetpräsentationen, Markenkonzepten oder Firmenlogos. Als die Ausgangsbeschränkungen kamen, wollte er nicht einfach hinnehmen, dass die Geschäfte ruhiger werden. "Ich habe gemeinsam mit einem Kooperationspartner - er besitzt eine Druckerei in München - überlegt: Was können wir für den Markt und die Allgemeinheit tun? Dabei sind wir auf die Idee mit der Schutzmaske gekommen", erzählt der Ingolstädter. "Wir wollten aber nicht irgendwas zusammenkaufen, damit die dringend benötigten Masken weiter denen zur Verfügung stehen, die sie am meisten brauchen: Ärzten, Pflegepersonal und anderen im medizinischen Bereich. "

Also gestalteten Weiler und sein Partner einen Mund- und Nasenschutz aus dünnem Karton. Das Ergebnis sieht zunächst aus wie ein breitbeiniger, platter Frosch und muss erst gefaltet werden - wie, das steht auf der Rückseite: die Maske mittig falten, die beiden Laschen links und rechts in die Seitenschlitze stecken und die Ohrenbügel einklappen. Fertig ist der Schutz. Perforierte Streifen bieten die Möglichkeit, die Bügel an die Ohrengröße des jeweiligen Trägers anzupassen. Der Stückpreis liegt bei größeren Abnahmemengen unter 30 Cent. "Das ist eine praktische Sache, und wenn man mal keine Stoffmaske dabei hat, lässt sich unsere Lösung schnell aufsetzen, bevor man in den Bus steigt, in ein Geschäft geht oder einen Amtsgang erledigt", sagt Jochen Weiler.

Ihm gefällt zudem der ökologische Aspekt seines Produkts: "Die Herstellung erfolgt komplett in München, die Lieferwege sind also sehr kurz. Da ist außerdem kein Plastik dran, das Material besteht nur aus Papier mit Lebensmittelzertifizierung, der Karton ist einfach zu recyceln. " Die Druckfarbe für die Beschriftung besitzt nach seiner Aussage die Spielzeugzertifizierung, ist also bei Berührung mit dem Mund unbedenklich.

Was die Schutzfunktion angeht, ist der findige Agentur-Geschäftsführer überzeugt, dass sie ausreicht. "Mund und Nase sind bedeckt, also können weder beim Sprechen noch beim Niesen Tröpfchen nach außen gelangen. " Oder anders gesagt: Da die ab Montag geltende Maskenpflicht selbst Tücher und Schals als zulässig gestattet, dürfte die Papiermaske allemal taugen.

Jochen Weiler wäre kein guter Geschäftsmann, hätte er kein Interesse an der Vermarktung seines Produkts. "Man kann die Maske ab einer bestimmten Stückzahl als Werbeträger bedrucken lassen", sagt er. Eine große Baumarktkette habe bereits 280000 Stück geordert. "Auch die Ingolstädter Verkehrsgesellschaft hat diese Woche einen Posten bestellt. "

Dem Vernehmen nach soll ein großer Lebensmittelkonzern bereits Interesse an den Einwegmasken aus Ingolstadt bekundet haben - je nach Dauer der Corona-Krise könnten noch etliche weitere Anfrage folgen.

DK

Horst Richter