Bittenbrunn
Wein und Wald

DK-Leseraktion: Neuburger Winzer Josef Tremml informiert bei Wanderung über seine Tropfen und die Natur

09.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:43 Uhr
Am Weinberg im Eulatal bei Neuburg schenkt Josef Tremml den dort gewachsenen Heimatwein "Vinum vernaculum" aus, seine Hündin Mira schaut zu. −Foto: Hammerl

Bittenbrunn (DKl) Ohne ein am Hals baumelndes Weinglas betritt niemand den Wald. Bevor Weinbauer Josef Tremml und Assistentin Barbara Frank mit 30 Teilnehmern zur Weinbergwanderung mit Weinprobe aufbrechen, teilen sie die am Bandl hängenden unter den Teilnehmern der DK-Leseraktion aus.

Die Bänder sind leuchtend neongrün, dazu gibt es weiße Servietten, denn „die Gläser will ich sauber zurückhaben, die sind nicht inklusive“, stellt der Winzer augenzwinkernd klar. Dabei könnten sich seine Begleiter sehr wohl etwas anderes für die Servietten vorstellen. „Für die Schweinshaxe nachher“, schlägt eine Frau lachend vor. Das will Tremml nicht versprechen, kündigt aber eine Brotzeit an. 

Die mit waldpädagogischen, historischen und weinbautechnischen Informationen angereicherte Weinprobe, die sich die Leser Glas für Glas erwandern müssen, ist auch für ihn selbst eine Premiere, ein eigens für die Heimatzeitung erfundenes Format. „Wir wollen mit den Leserveranstaltungen, die als besondere Weihnachtsgeschenke im Dezember angeboten wurden, neue Türen öffnen und besondere Blickwinkel bieten“, sagt Ludolf Karletshofer vom DK-Marketing. „Als Neuburg an der Reihe war, habe ich sofort an den Weinberg gedacht.“ Ein Volltreffer, der Leser aus dem ganzen Verbreitungsgebiet interessiert, so aus Eichstätt, Riedenburg, Pfaffenhofen, Lenting, Ingolstadt, Beilngries und sogar Burghausen.

Auch vier Freundinnen aus Schrobenhausen, Scheyern, Langenmosen und Karlshuld machen bei dem  Ausflug mit. „Wir schenken uns immer gemeinsam verbrachte Zeit“, sagt Petra Prechter aus Schrobenhausen. „Wir wussten gar nicht, dass Neuburg einen Weinberg hat, wir trinken überwiegend Frankenwein“, erzählt Inge Mittl aus Karlskron. Womit sie bei Tremml ohnehin an der richtigen Adresse ist, denn das Gros der Weine, die er unterwegs ausschenkt, stammt aus Franken, wo er auf 2000 Quadratmetern Wein anbaut. 

In Neuburg dagegen hatte der heute 64-Jährige zunächst nur 100 Quadratmeter für eine Hobbyanlage bewilligt bekommen, als er 1991 die rund 1750 Jahre alte Tradition des Weinbaus in Neuburg – damals spätrömisches Kastell Venaxamodurum, später im Mittelalter und von den Pfalzgrafen weitergeführt – wiederaufleben lassen wollte. Seit die EU vor sechs Jahren die Rechtslage für Hobbywinzer verändert hat, darf Tremml seine vor Jahren erworbenen Anbaurechte aus Hammelburg an seinem Wohnort einsetzen. Nun hat er zwei Weinberge mit insgesamt 1100 Quadratmeter in Ried und am Eulaberg oberhalb von Bittenbrunn – in idealer Lage auf wasserspeicherndem Juraboden in mildem Mikroklima, wo Fröste selten sind und auch Pfirsiche bestens gedeihen. 

Noch aber trennen die Weinprobenwanderer gut drei Kilometer vom Weinberg. Am Start, dem Wanderparkplatz beim Tierheim Riedensheim, gibt es die erste Kostprobe, logischerweise den Secco, dem der Transport im Rucksack am wenigsten bekommen würde – oder demjenigen, der ihn danach öffnen müsste. „Das ist ein Müller-Thurgau-Secco“, erklärt der Josef, wie er für gut drei Stunden genannt werden darf, und kündigt für später einen Wein aus derselben Traube an. Zunächst aber wird am Aussichtspunkt am Finkenstein ein Rotling kredenzt. Brav drehen alle ihre Gläser und lassen sich den köstlich leichten Sommerwein schmecken.

 Beim Anstoßen geht es auf Tuchfühlung, denn die neongrünen Bänder sind zu kurz für ein Prost mit ausgestrecktem Arm. Wenn sich die zierliche Barbara mit der Flasche nähert, geht aus demselben Grund so mancher Mann vor ihr in die Knie, damit sie einigermaßen bequem einschenken kann. Unten auf der Donau rudert eine vollbesetzte Ulmer Schachtel vorbei, und der Josef behauptet, „die haben wir extra für euch bestellt“. 

Dann gibt es noch einige Informationen zum Wald. „Ohne Bäume und Sträucher würde es hier, 600 Kilometer vom Meer entfernt, nicht regnen“, erklärt der Winzer, nun ganz Waldpädagoge, die wichtigste Funktion des Superorganismus Wald. Seine Zuhörer erfahren unter anderem, wann erdgeschichtlich die ersten Nadel- und Laubbäume auftraten, warum der Gang durch einen Fichtenwald so gesund ist oder dass Buchenwälder mehr Lücken aufweisen und so der Verjüngung eine Chance geben. Und es darf geraten werden, wie groß die gesamte Blattfläche eines einzeln stehenden Baumes ist – rund eine Million Blätter ergäben ausgebreitet ein Einfamilienhausgrundstück zwischen 500 und 1000 Quadratmetern.

 „Habt ihr die Energie der alten Bäume mitgenommen?“, fragt Tremml nach der Runde Weißwein neben einer eng mit einer Fichte verschlungenen Buche – die kein Förster so anpflanzte, die sich in der Natur aber offenbar gut verstehen. „Lieber hätten wir Energie von jungen Bäumen“, scherzt ein Mann.
Am Weinberg wartet ein lauschiges, schattiges Plätzchen unterm Nussbaum. „Wie beim Schulausflug“, meint jemand. Tatsächlich sitzen alle vergnügt wie die Kinder auf dem Boden und erfahren, wie Tremmls bodenständiger Heimatwein „Vinum vernaculum“ weitgehend biologisch aus verschiedenen pilzwiderstandsfähigen Rebsorten entsteht. Die delikate Brotzeit mit Rehsalami, Wildschweinschinken und diversen Käsesorten wird mit Rotwein Cuvée dann   an Tischen serviert. „Wunderbar, dass wir so etwas Einzigartiges direkt vor der Haustür haben“, schwärmt Andrea Forster aus Neuburg vom Weinberg, während sich Claudia Spies aus Hohenwart über die „vielen gewinnbringenden Informationen zu Wald und Wein“ freut. 

Andrea Hammerl