"Die AfD ist zutiefst unbayerisch"

Ministerpräsident Markus Söder über die Landtagswahl und den Kruzifix-Erlass

08.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:26 Uhr
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Redaktionsgespräch in Ingolstadt. −Foto: Richter

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Interview.

Herr Söder, Ihr Kruzifix-Erlass bewegt die Menschen. Überrascht Sie die Reaktion.


Markus Söder: Ich habe das sowohl am Parteitag im Dezember, bei der CSU Klausurtagung in Kloster Banz und am Aschermittwoch gesagt. Dazu stand es in der Regierungserklärung. Dass jetzt einer überrascht ist, dass wir das machen, was wir angekündigt haben, überrascht. Wir haben in der Staatsregierung eine klare Haltung und daraus folgt die Handlung.


Wie kamen Sie auf den Gedanken, dass in jeder bayerischen Behörde ein Kreuz hängen müsse.


Söder: Das Kreuz ist zuerst ein religiöses Symbol, aber es bündelt sich viel mehr darin. In der Bayerischen Verfassung wird ausdrücklich auf Gott Bezug genommen. Die Ehrfurcht vor Gott ist sogar ein Auftragsziel in der Bildung. Das Kreuz hängt ja schon in Schulen und Gerichtssälen. Mich freut auch, dass wir mittlerweile viel Rückhalt, auch aus der Kirche, bekommen.



Kardinal Marx hat Sie erst kritisiert, und ist nun auf lobende Worte umgeschwenkt. Haben Sie mit ihm gesprochen.


Söder: Es bestehen vielfältige Kontakte zwischen der Staatsregierung und den Kirchen. Wir stehen zu den Kirchen in unserem Land. Aktuell gibt es den Beschluss und eine Auffassung, die die Bayerische Staatsregierung vertritt, und zu der stehen wir auch.



Ihr Generalsekretär Markus Blume hat von einer "unheiligen Allianz von Religionsfeinden" gesprochen. Legt die CSU keinen Wert mehr auf die Unterstützung der Kirchen.


Söder: Markus Blume leistet hervorragende Arbeit und ist in der Synode tief verankert. Daher darf er sich auch in Religionsdebatten äußern. Man kann doch nichts dagegen haben, dass in bayerischen Behörden ein Kreuz hängt. Auch Charlotte Knobloch (Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München. Anm d. Red. ) hat sich positiv geäußert. Das Kreuz grenzt nicht aus, sondern steht für Toleranz und Nächstenliebe.



Stört es Sie, dass Parteichef Horst Seehofer in der Sache schweigt.


Söder: Nein. Wir haben klar vereinbart, dass er nicht kommentiert, was in Bayern stattfindet und ich nicht, was in Berlin passiert. Wir haben aber ein hohes Maß an Übereinstimmung in der Sache. Unser beider Ziel ist, Bayern stark zu machen. Daran arbeiten wir in München und Berlin.



Was passiert mit den Behördenleitern, die kein Kreuz aufhängen wollen.


Söder: In vielen Behörden hängt schon ein Kreuz.



Und wenn nicht.


Söder: Alles geschieht im Einklang. Für die Umsetzung ist im Übrigen das Innenministerium zuständig.



CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht in Deutschland teils eine "Anti-Abschiebe-Industrie" am Werk. Teilen Sie seine Sicht.


Söder: Der Großteil der Bevölkerung sieht in dem Thema Zuwanderung die größte Herausforderung. Die Menschen erleben, dass der Rechtsstaat bei Ihnen persönlich sehr durchsetzungsfähig ist, wenn es um Steuererklärung oder Strafzettel geht. Sie haben aber nicht immer den Eindruck, dass der Rechtsstaat an anderer Stelle mit der gleichen Konsequenz arbeitet. Wer als Asylbewerber anerkannt wird, hat bei uns in Deutschland die besten Startchancen. Wer nicht anerkannt wird, muss aber in seine Heimat zurückkehren. Es kann doch nicht sein, dass der Rechtsstaat an dieser Stelle ausgesetzt wird. Wir gründen nun das Landesamt für Asyl und Rückführungen, damit wir schnellere Entscheidungen und Rückführungen erreichen. Wenn Sie sehen, was in Ellwangen passiert ist, dann bestätigt das leider die Sorgen vieler Menschen. Die Probleme werden noch viel größer, wenn die Verfahren nicht schnell auf rechtsstaatlicher Basis geklärt sind. Klar ist auch: Wer Gewalt ausübt und gegen den Rechtsstaat arbeitet muss unser Land sofort verlassen.



Auch in Manching soll so ein Ankerzentrum entstehen. Wann fällt der Startschuss.


Söder: Das prüfen wir noch. Wir wollen die Belastung der Anwohner natürlich in Grenzen halten. Es entstehen keine Megazentren. Wir sind zum Glück schon besser aufgestellt als andere Bundesländer.



Das sind alles Maßnahmen, um konservative und Wähler vom rechten Rand wieder einzufangen. Dennoch liegt die AfD bei 12 Prozent.


Söder: Man muss immer das tun, wovon man überzeugt ist. Zum Beispiel in der Kreuzdebatte habe ich viele Kommentare in Zeitungen gelesen, dass ich mit dem Kreuzbeschluss grundlegend irre. Ich glaube, dass sich einige Kommentatoren geirrt haben, denn die Bevölkerung hat eine andere Meinung dazu. Sie befürworten den Beschluss. Es geht um kein taktisches Moment. Viele Bürger sind verunsichert - das hat nichts mit der AfD zu tun. Die AfD ist in Berlin entstanden. Sie muss dort gestellt werden. In Bayern braucht sie keiner, sie ist zutiefst unbayerisch. Für uns ist daher der Doppelpass zwischen München und Berlin umso wichtiger.



Die CSU liegt aktuell bei 41 Prozent. Der neue Ministerpräsident hat offenbar noch nicht gezündet.

Söder: Wir beschäftigen uns lieber mit den Sorgen der Menschen, als mit uns selbst. Was mich freut ist, dass die Akzeptanz und Zustimmung für die gesamte Staatsregierung stark gewachsen ist. Wahlkampf gibt es erst ab Mitte September. Jetzt mache wir das, was wir für eine Regierung für richtig halten.



Ihre Wissenschaftsministerin Marion Kiechle hat in einem Interview mit unserer Zeitung berichtet, dass es bei der CSU nicht mit Freude aufgenommen worden ist, als sie während einer Landtagssitzung für die SPD geklatscht hat. Gibt es eine Klatschorder bei der CSU.


Söder: (lacht) Nein. Jeder darf klatschen, wann und wo er will.

Die Fragen stellten Verena Belzer, Stefan König und Daniel Wenisch.

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